Der Durchschnittspreis für ein Fertighaus ohne Keller beträgt zwischen 230.000 und 250.000 Euro.Natürlich geht es immer auch exklusiver. Neben schlichten Zwei-Familienhäusern stehen in der Fertighaus-Siedlung auch luxuriöse Villen und verglaste Bungalows. „Natürlich geht es um die individuellen Bedürfnisse der Menschen und ihre finanziellen Möglichkeiten“, sagt Froböse. Vor allem junge Familien und ältere Menschen interessierten sich für die Häuser, die nach dem Baukastenprinzip schnell aufgebaut und nach den Wünschen der Kunden gestaltet werden.
Doch manchmal betreten die Besucher auch aus ganz anderen Gründen die „begehbaren Baupläne“ sagt Gerhard Froböse. Erst vor wenigen Tagen sei morgens ein junger Mann nach einer ausschweifenden Feier auf dem benachbarten Messegelände in das Musterhaus gekommen, um sich einfach mal auszuruhen. „Stehen konnte er kaum noch, fahren sowieso nicht. Da haben wir ihm einfach ein Bett in der Einlieger-Wohnung überlassen. Mittags war er wieder fit“, erzählt der Bauberater.
Präsentiert werden Fertighäuser in Mannheim schon seit den 1960er Jahren. Zunächst standen die damals günstigen Häuser auf dem Maimarktgelände am Friedensplatz, 1984 zogen die Gebäude in das Areal neben dem heutigen Maimarktgelände in Neuostheim um.
Überhaupt, der Maimarkt. Die Regionalmesse spielt eine wesentliche Rolle, wenn es um den Erfolg dieser Musterhaus-Siedlung geht.
Während des Maimarkts strömen täglich Tausende in die Siedlung, berichtet Stefany Goschmann, die Geschäftsführerin der Mannheimer Ausstellungsgesellschaft. Dass es sich bei der Ansammlung von den etwa 40 Häusern nicht gerade um eine Geisterstadt handelt, durch die der Wind fegt und in der die Türen knarzen, das belegen auch eindrucksvoll die Zahlen, die der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) regelmäßig veröffentlicht. In den Musterhäusern der etwa 30 verschiedenen Hersteller auf dem Areal des Fertighaus-Centers tummeln sich innerhalb eines Jahres mehr als 100.000 Besucher. Damit, so der BDF, liegt die Siedlung seit Jahren in der Spitzengruppe vergleichbarer Ausstellungen in Deutschland. Der Großteil der Kundschaft reist aus einem Umkreis von etwa 100 Kilometern an.
Der Vater von Stefany Goschmann, Kurt Langer, hatte den Maimarkt seit 1962 – gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Fritz Glunk – im Auftrag der Stadt Mannheim organisiert. Er war es auch, der das Fertighaus Center in Mannheim vor Jahrzehnten erdacht, entwickelt und etabliert hatte. Das erklärt auch die Leidenschaft, mit der die heutige Geschäftsführerin Goschmann über die Idee ihres Vaters spricht. Eine Idee, die bis in die Gegenwart und sicher auch darüber hinaus eine Wirkung habe, wie die überzeugte Kurpfälzerin stolz betont. Da Themen wie etwa barrierefreies Wohnen, Energieeffizienz oder kalkulierbare Festpreise immer virulenter werden, verwundert es wenig, dass der Marktanteil der Fertighäuser in Deutschland bereits 13 Prozent beträgt.
Die Musterstadt ist für Sie Familiengeschichte: Stefany Goschmann, die Geschäftsführerin der Mannheimer Ausstellungsgesellschaft.
Immer wieder wurde die Geschichte des Mannheimer Centers auch durch skurrile und spannende Geschichten des Alltags geprägt. Aufsehen erregte einst der jordanische Minister für öffentliche Bauten, der nach einem Rundgang zahlreiche Fertighausteile und Montageeinheiten für Schulen, Wohnhäuser und öffentliche Bauten mal eben im Wert von damals 80 Millionen Mark bestellte. Und als 2015 die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland permanent nach oben ging, habe sich die Stadt bei den Ausstellern vorsorglich erkundigt, ob eine schnelle, kurzfristige Unterbringung der Menschen möglich sei.
Auch abseits politischer Themen spielt die surreal anmutende Siedlung eine Sonderrolle. „Wir leben hier sozusagen in einem großen Bürodorf. Und gerade während des Maimarkts reagieren die Besucher doch erst einmal überrascht, dass sie hier komplett eingerichtete Häuser vorfinden, in denen reges Büroleben herrscht“, sagt eine Bauberaterin. Tatsächlich ist es keine Seltenheit, dass die Familien mit ihren Kindern längere Zeit in einem der Musterhäuser verbringen und sich oft so zu Hause fühlen, dass sie gar nicht mehr nach Hause wollen. Alles schon passiert an dem Ort, wo die Straßen keine Namen haben.
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