Gefiederte Schönheiten und viele helfende Hände: Der Vogelpark Schifferstadt ist Ausflugsziel, Bildungsort und Auffangstation in einem. Ein Rundgang zu Aras, Beos und emanzipierten Emus.
Einen wie Otto gibt es kein zweites Mal. Die Brust leuchtet orange, die Flügel sind grün und blau – so kann ein Papagei nur aussehen, wenn seine Eltern zu unterschiedlichen Arten gehören. Vor allem aber hat der dreifarbige Ara-Mischling im Vogelpark Schifferstadt buchstäblich jeden Gast kommen und gehen sehen. Als der Park Anfang der 60er Jahre seine Pforten öffnete, war Otto einer der ersten Bewohner – damals mit zarten 20 Jahren. Inzwischen ist der gefiederte Methusalem um die 80. Ein Alter, das man ihm nicht ansieht, wenn er über Äste klettert oder sich an das Gitter krallt.
Im Wald südlich von Schifferstadt sind die Bewohner des Vogelparks zu hören, noch bevor sie zu sehen sind. Ein Gewirr aus Hunderten Stimmen: kreischende Königssittiche, trompetende Gänse, zwitschernde Kanarienvögel. Weißstörche haben ein Nest in der Höhe bezogen, die Pfauen stolzieren ganz frei durch den Park und über die Dächer. „Die lassen wir so laufen. Nachts schlafen die in den Bäumen“, sagt Peter Tiesler.
Der Erste Vorsitzende des Vogelschutz- und Zuchtvereins 1955 Schifferstadt wartet am Eingang. Jeden Tag ist er im Park, kommt zwischen sieben und halb acht und bleibt bis zum Mittag. Tiesler führt zunächst zu dem kleinen grünen Pavillon in der Mitte des Geländes. „Das ist die Urzelle“, sagt der Vorsitzende. Der Pavillon stand zunächst ganz allein im Wald, als sich in den 50er Jahren eine Gruppe von Idealisten zusammenschloss, um an dieser Stelle etwas für die Vogelwelt zu tun. Für heimische Arten wie für solche aus fernen Ländern.
Storchennest Vogelpark Schifferstadt
Seitdem ist der Vogelpark beständig gewachsen. Die Volieren haben die Mitglieder selbst gebaut. Inzwischen leben rund 400 Tiere aus 80 Arten auf dem Areal. Der Park ist auch ein Geschenk an die Bürger, denn der Eintritt ist frei. Im Gegenzug ist der Park auf Spenden angewiesen – und auf viel ehrenamtliches Engagement. 540 Mitglieder hat der Verein, etwa 30 Kinder gehören zur Jugendabteilung. Jeden Samstag kommen 15 bis 20 Helfer, um gemeinsam sauber zu machen. Unter der Woche kümmern sich Futtermeister und Ein-Euro-Jobber um Vögel, Ziegen, Hirsche und Kaninchen. Mit Veranstaltungen wie einem Halloweenfest und dem traditionellen Weihnachtsmarkt kommt das Geld in die Kasse, das der Verein für Futter und Unterhalt des Geländes braucht. Die Gäste kommen dazu aus der ganzen Region nach Schifferstadt.
„Viele Kinder wissen ja gar nicht mehr, wie heimische Vögel aussehen.“
Was fasziniert ihn so an Vögeln? Peter Tiesler denkt nach. „Wenn man sieht, wie sie erst Eier legen und dann irgendwann daraus die Jungen schlüpfen – das ist schon ein Erlebnis.“ Diese Faszination wollen der Vereinschef und seine Mitstreiter weitergeben. Regelmäßig sind Gruppen aus Kindergärten oder Schulen im Vogelpark zu Gast, die Kinder sammeln Federn, malen Bilder und lernen. Tiesler zeigt auf ausgestopfte heimische Vögel im Schulungsraum: Ein Dompfaff hängt dort an der Wand, eine Meise, ein Specht. „Viele Kinder wissen ja gar nicht mehr, wie die aussehen.“
Zu entdecken gibt es aber auch weiße Schneeeulen und rosa Chile-Flamingos. Oder besonders komische Vögel wie die anderthalb Meter großen Emus aus Australien. Fliegen können sie nicht. Dafür pflegen die Geschlechter eine mehr als moderne Arbeitsteilung: Das Emu-Weibchen legt die Eier, danach übernimmt das Männchen. In der achtwöchigen Brutzeit nimmt es praktisch nichts zu sich, zehrt von seinem Körperfett, steht nur hin und wieder auf, um die Eier zu wenden. Auch für die Aufzucht der Jungen ist allein der Vater zuständig.
Die Volieren dienen zudem als Auffangstation für Tiere, die es hier besser haben sollen als in ihrem vorigen Leben. Zwei Rosakakadus wurden früher in zu feuchter Luft gehalten. Den Eichelhäher gegenüber hat die Speyerer Feuerwehr vorbeigebracht. Und sein Mitbewohner – eine Saatkrähe mit verkrüppelten Füßen – wurde früher offenbar nicht artgerecht in einem Haus gehalten. Der Verein hat ein Herz für diese Notfälle, auch wenn sie keine Federn haben. Ihre zwei Esel zum Beispiel haben die Schifferstadter aus schlechter Haltung aus den Niederlanden geholt.
Alle sechs Wochen sei der Tierarzt im Park zu Besuch, sagt Peter Tiesler. Es handele sich dabei um die üblichen Kontrollen – die Vögel sind selten krank. Tiere, die sich die eigenen Federn vom Körper rupfen, wie es so mancher Käfigvogel macht, sind hier nicht zu sehen. „Wenn man sie richtig füttert, rupfen sie sich nicht“, sagt Tiesler. Ihm ist ebenfalls wichtig, dass die Tiere etwas Platz für Flügelschläge haben. „Wir achten darauf, dass die Volieren nicht überbelegt sind.“ Deswegen können die Schifferstadter aber auch nicht jeden aufnehmen. Der Platz sei langsam ausgeschöpft, sagt Tiesler.
Kommen und gehen können dagegen die vielen Wildvögel, die im und rund um den Park leben und ebenso dazugehören. Kohl- und Blaumeisen flattern durch das Gebüsch, oben in den Kronen schlägt ein Buchfink, das Trommeln von Spechten hallt durch den Wald. Auch die „Einheimischen“ werden im Park gefüttert. Vom Vogelsterben kann im Schifferstadter Süden keine Rede sein.
Zu Hause züchtet Peter Tiesler Kanarienvögel. Seine Lieblingstiere im Park sind dagegen eher eine Überraschung: Zu seinen Favoriten gehören die kleinen Parma-Kängurus. Angefangen hat alles mit einem einzelnen Paar, inzwischen hüpfen 14 kleine Kängurus durch das Gehege und betrachten verstohlen die Besucher. Aus dem Beutel seiner Mutter blickt ein Junges vorsichtig in die Welt. „Die sind eine schöne Abwechslung“, findet Tiesler.
365 Tage im Jahr ist der Vogelpark Schifferstadt geöffnet – von April bis Oktober zwischen 8 und 19 Uhr, im Winter von 8 Uhr bis zum Anbruch der Dunkelheit. Dann verabschieden sich Besucher und Helfer von den gefiederten Bewohnern. Das lässt zumindest einer der Beos vermuten, die in der Voliere neben Ara-Senior Otto leben. Mit weiblicher, glasklarer Stimme sagt der schwarze Vogel schon am Vormittag: „Gute Nacht, Beo!“
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