Von der Schweinemast zur Käserei: Was für den Prokop-Hof in Landau als erzwungener Umbruch begann, entwickelte sich schnell zu einer Erfolgsgeschichte. Heute verkauft Michaela Rahm in der Meckerei ihren selbstgemachten Käse. Die Milch dafür stammt von ihren eigenen Ziegen – die gerade Nachwuchs bekommen haben. Zu Besuch im Kindergarten für Vierbeiner.

Zartes Meckern dringt aus der Scheune. Das große Schiebetor steht etwas offen. Zuerst werden kleine Ställe sichtbar, gebaut aus Holzpaletten. Dahinter spitzen kleine, weiße Ohren hervor. Je näher der Besuch kommt, desto aufgeregter werden die Ohren, wippen hektisch auf und ab. Dann taucht kurz ein kleiner Ziegenkopf auf – und wieder ab. Immer mehr kleine Lämmer springen hoch, neugierig darauf, wer da wohl kommt – und ob er vielleicht, vielleicht ja etwas zu fressen dabei hat?

„Na, hast du was zu Fressen dabei?“

Die Aufregung ist groß im Ziegen-Kindergarten – und das Gemecker auch. Denn Milch gibt es erst später wieder, wie Michaela Rahm lachend erklärt. Im Frühjahr ist das Gewusel auf dem Prokop-Hof bei Landau besonders groß. Innerhalb der vergangenen vier Wochen kamen 110 Lämmer auf die Welt. „Das ist schon eine besondere Zeit für uns. Schön – aber auch ganz schön anstrengend“, sagt Rahm. Die ganze Familie packt dann mit an, denn jetzt muss alles gleichzeitig passieren: Zicklein versorgen, Ziegen melken, Käse herstellen. „Da sitzen dann teilweise fünf Personen gleichzeitig hier und geben den kleinen Ziegen ihr Fläschchen.“

Michaela Rahm mit dem jüngsten Nachwuchs ihrer Ziegenherde.

Ziegen gibt es auf dem Prokop-Hof noch gar nicht so lange. Früher waren es vor allem Schweine. Seit 1970 befindet sich der Hof am Rand des Stadtteils Queichheim. Bis 2008 führte Rainer Prokop, der Onkel von Michaelas Mann Jochem, den Betrieb. Als sich ein Generationswechsel anbahnte, überlegte die Familie gemeinsam, wie es weitergehen kann. Michaela Rahm wohnte zu dieser Zeit noch in einem Forsthaus bei Weidenthal im Pfälzerwald, Jochem Rahm war dort Förster. „Wir haben viel überlegt, aber dann beschlossen, das riskieren wir.“ Sie übernahmen den Hof und wollten in erweitern.

Doch das neue Gewerbegebiet Queichheim wuchs und wächst weiter – und wird den Hof letztendlich bald umzingelt haben. „Für die Erweiterung war nicht mehr genügend Platz“, erklärt Michaela Rahm. Auch die Schweinmast passte nicht mehr in die Entwicklungspläne der Stadt. Einen Hof ohne Tierhaltung konnte sich in der Familie aber niemand vorstellen. „Wir haben uns schließlich für einen Neuanfang entschieden und beschlossen, den Betrieb mit Hilfe der Entschädigung der Stadt komplett umzukrempeln“, sagt Michaela Rahm. Auch ein Name für das Projekt war schnell gefunden: Die Meckerei. 2014 zogen die letzten Schweine aus – und die ersten 40 Ziegen ein.

Wir verkaufen den Käse meist schneller, als wir produzieren können

Michaela Rahm

„Ich liebe Tiere. Schon als Kind hatte ich am liebsten immer möglichst viele um mich“, sagt Michaela Rahm. Schon im Forsthaus hielt sie einige Ziegen und fing dort bereits an, selbst Käse zu machen. In kleinen Mengen, für den eigenen Bedarf. Die eigenen Lebensmittel selbst herstellen – das empfand sie als großes Glück. Von 2017 bis 2019 machte sie nebenbei noch ihre Ausbildung zur Fachagrarwirtin für handwerkliche Milchverarbeitung.

„So, das sind unsere Mädels.“ Der Stolz in Michaela Rahms Stimme ist nicht zu überhören. Über 80 Ziegen stehen derzeit im Stall, 60 von ihnen haben in diesem Jahr gelammt. Die meisten von ihnen sind weiße deutsche Edelziegen, dazwischen meckern auch ein paar Bunte mit braunem Fell und vier Anglo-Nubier-Ziegen mit hängenden Ohren. Nur einmal im Jahr bekommen sie Gesellschaft von Böcken. Gerade knabbern die meisten am Heu oder ruhen sich auf dem Stroh aus. Sie haben Platz hier, können sich frei bewegen. „Sobald es wärmer wird, dürfen sie in den Hofauslauf raus.“

Die „Mädels“ der Meckerei.

Michaela Rahm geht quer durch den Stall in den vorderen Teil, in dem sich der Melkstand befindet. Hier werden die Ziegen gemolken. „Dabei bekommen sie auch ihr Kraftfutter. Soll sich ja lohnen, hier rauf zu steigen.“ Michaela Rahm grinst. Von hier fließt die Milch in einen Vorsammelbehälter und dann in den großen Kühltank. 210 Liter Milch geben die Ziegen gerade am Tag. Lange lagert die Milch aber nie – sie wird innerhalb von zwei Tagen weiterverarbeitet.

Michaela Rahm liebt alte Dinge: „Das hat so viel mehr Charakter!“

Rahm geht durch eine gemütliche Pergola, die an die Scheune grenzt. An der Wand steht eine Küchenzeile aus den 1950er-Jahren, mit bunten, pastellfarbenen Fronten. Davor ein Tisch mit fellbelegten Stühlen, auf einem döst eine getigerte Katze. „Unser Pausenraum. Sobald es wärmer wird, frühstücken wir hier, essen zu Mittag, trinken Kaffee, halten Teambesprechungen ab.“ Sie hat ein Faible für alte Dinge. Auf dem Hof steht auch ein alter Kleintransporter von Citroën mit dem Logo der Meckerei. „Ich kaufe viel lieber Altes als Neues. Das hat so viel mehr Charakter!“

Sie führt weiter, von Raum zu Raum, bis in die Käserei. Hier steht ein großer Kessel. Der Pasteur fasst bis zu 600 Liter Milch. „Da ist gerade Frischkäse drin“, erklärt die Käserin. Gestern hat sie die Milch eingefüllt und mit einer Kultur angereichert – angesäuert, wie die Fachfrau sagt. Dann hat sie das Lab hinzugefügt, damit die Milch gerinnt und sich die Molke vom Bruch trennt. Später wird sie den Frischkäse ablassen, in einen mit Tuch ausgelegten Bottich. „Wir verwenden außer Lab keinerlei Zusatzstoffe, wir belassen den Frischkäse natur oder würzen ihn mit frischen Kräutern.“

Claudia Osche ist eine große Stütze für ihre Zwillingsschwester.

Im Nebenraum ist Michaela Rahms Zwillingsschwester Claudia dabei, Grillkäse zu verpacken. Gewürzt mit Knoblauchpesto, Zitronenpfeffer oder Kräuter der Provence. Er ist neben dem Frischkäse das beliebteste Produkt der Meckerei. „Daneben machen wir auch Quark, Weichkäse nach Camembert Art und – wenn noch Milch übrig ist – auch Schnittkäse.“ Einen Reiferaum hat die Meckerei nicht, der Schnittkäse reift in der Folie. „Dafür haben wir leider keinen Platz“, sagt Rahm. „Aber wir verkaufen den Käse sowieso meist schneller, als wir produzieren können – mehr Sorten könnten wir gar nicht herstellen.“

Der Grillkäse wartet im Kühlraum auf die Weiterverarbeitung.

Neben den Ziegen leben auf dem Prokop-Hof auch Hunde und Katzen, Hühner, Gänse und zwei Jersey-Rinder. „Man muss ja auch Hobbys haben“, sagt Michaela Rahm und lacht. Tierische Lebensmittel kauft die Familie selten im Supermarkt, der Hof versorgt sie. Mit Eiern und Milch – aber auch mit Hühner-, Rind- und Ziegenfleisch. Ziegensalami gibt es auch regelmäßig im Hofladen zu kaufen. „Ich weiß, dass es meinen Tieren hier gut geht, ich weiß was sie fressen und wie sie gelebt haben – das ist mir viel lieber als ein billiges Produkt aus industrieller Tierhaltung.“

Ein etwas anderer Hofladen: Der Verkaufsraum der Meckerei.

Erhältlich ist der Käse im eigenen Hofladen, aber auch in einigen Supermärkten und Hofläden in der Region. Landhausstil mit 50er-Jahre-Flair, Vintage-Möbel, viel weiß mit bunten Farbklecksen – der Hofladen der Meckerei könnte so auch in einem hippen Stadtteil einer Großstadt stehen. Zusätzlich zu den eigenen Produkten verkauft Michaela Rahm hier auch Dekoartikel, Schmuck und Küchenutensilien. „Meine Schwester und ich holen alles, was uns selbst gefällt – und was man so in der Region eher nicht bekommt“, erklärt Michaela Rahm das simple Konzept. Im Winter, wenn die „Ziegen-Mädels“ im Mutterschutz sind, hat der Laden geschlossen. Mitte März öffnet er wieder. Wer hier einen Käse kauft, kann sich direkt anschauen, woher er kommt – und sich gleich bei den Ziegendamen im Stall bedanken.   


www.die-meckerei.de

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