Marcel Willared ist Berufsimker, einer der wenigen in Deutschland. Rund um Hardheim im Odenwald sammeln seine bis zu 300 Bienenvölker Nektar und produzieren teils preisgekrönten Honig. Bereits mit 24 Jahren hat er sich mit einer Bio-Imkerei selbständig gemacht. Und sich damit nicht nur seinen eigenen Traum erfüllt – sondern auch den seines Vaters.

Mit leisen Schritten nähert sich Marcel Willared dem Bienenstock. Er hat einen Smoker dabei, aus dem träge Rauch quillt. Sonst nichts. Er trägt keinen Anzug, keine Handschuhe, keinen Schutz zwischen sich und den Bienen. Seine Dreadlocks hat er hochgebunden, er hat einen dichten Bart, trägt Piercings und Brille. Vorsichtig nimmt er den Deckel der Beute, dem Gehäuse, ab und schickt mit dem Smoker zwei Rauchwolken ins Innere. Dann nimmt er das erste Rähmchen heraus. Es ist voller Bienen. Hunderte Tiere, ein chaotisches Gewusel – auf den ersten Blick. Marcel Willared erklärt, mit ruhiger Stimme. „Hier, diese Waben sind bereits mit Wachs verdeckelt, sie sind also schon mit Honig gefüllt.“ Eine Reihe weiter sind mehrere Honigbienen dabei, neue Waben zu füllen. Sie lassen sich durch den Imker nicht stören, arbeiten in aller Ruhe weiter. „Und dort unten schlüpfen gerade Drohnen.“

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Imker aus Leidenschaft: Marcel Willared bei der Arbeit.

Mit jedem Wort, jeder Erklärung sortiert Marcel Willared das Chaos auf dem Rähmchen. Ein Gewusel, ja. Aber ein perfekt organisiertes. In dem jedes einzelne Tier genau weiß, was seine Aufgabe ist und diese erledigt. Effektiv, effizient und immer zum Wohl des Volkes. Ein Meisterwerk der Natur.

Marcel und Dieter Willared: Große Tierliebe – nicht nur, aber vor allem, für Bienen.

Marcel Willared lächelt. Er denkt das immer noch, jedes Mal, wenn er in einen Bienenstock blickt. „Ich kann mir tatsächlich nichts Perfekteres vorstellen. Da hat die Natur schon ein Wunder geschaffen.“ Sein Vater, Dieter Willared, steht daneben, nickt und fängt ebenfalls an zu Schwärmen. „Es gibt kein Tier, das die Welt so positiv verändert wie die Biene.“ Sie sind sich einig, Vater und Sohn, in ihrer Bewunderung für die kleinen Tiere. Bei Marcel Willared geht sie sogar unter die Haut: Ein Tattoo bedeckt fast seinen gesamten rechten Unterarm. Darauf Bienenwaben – diese perfekten, sechseckigen Gebilde – und eine riesige Honigbiene.

Dass sie in seinem Leben eine große Rolle spielen werden, war Marcel Willared früh klar. Er wuchs mit ihnen auf. Als Hobbybetrieb gibt es die Imkerei Willared im Odenwald bereits seit Generationen. Sein Großvater gründete sie 1955 und besaß schon damals bis zu 120 Völker. Er gab seine Faszination an Sohn und Enkel weiter. Den Schritt in die Berufsimkerei scheute er jedoch – viel zu unsicher schien ihm die Tätigkeit. Auch seinen Sohn drängte er, lieber „etwas Vernünftiges“ zu lernen. Dieter Willared wurde Tischler. Als Marcel ihm mit 16 Jahren eröffnete, dass er Imker werden und das nicht nur als Hobby betreiben will, sagte er nur: „Du musst machen, was dein Herz verlangt.“ Und beschloss, seinem eigenen Rat zu folgen und ebenfalls das zu machen, was sein Herz all die Jahre verlangte: Er stieg in den Betrieb seines Sohnes mit ein und ist heute sein wichtigster Mitarbeiter. Tischlern tut er seitdem vor allem im Auftrag der Bienen: Alle Beuten und Rähmchen der Willareds sind selbst gebaut, aus heimischen Hölzern. Ebenso die Regale und Stände für den Verkauf.

Es gibt kein Tier, das die Welt so positiv verändert wie die Biene

Dieter Willared

Seinen Beruf hat Marcel Willared im „Fachzentrum Bienen und Imkerei“ in Mayen gelernt. Jedes Jahr werden in ganz Deutschland nur etwa 20 Imker:innen ausgebildet. „Nicht einmal die Hälfte betreibt die Imkerei später als Haupterwerb“, erzählt er. In seinem Ausbildungsjahr war er mit Abstand der Jüngste. Danach reiste Marcel Willared durch Deutschland, sammelte Erfahrung bei anderen Berufsimkern. 2017 flog er im ruhigen „Bienenwinter“ in den neuseeländischen Sommer – und lernte mehr über die Herstellung des Manuka-Honigs. Die Bienen sammeln dafür den Nektar der Südseemyrte. Der Honig ist antibakteriell, wird als Naturheilmittel verwendet und kostet auch mal mehrere hundert Euro pro Kilo. „Das war eine großartige Erfahrung.“ 2019, mit 24 Jahren, wagte Marcel Willared schließlich den Sprung in die Selbständigkeit – mit der Unterstützung seines Vaters. Auch seine Mutter Stephanie packt mit an, sie ist für Marketing und Vertrieb verantwortlich.

Öko, bio, regional und fair: Für seinen Honig hat sich Marcel Willared hohe Maßstäbe gesetzt. Er arbeitet nach den strengen Richtlinien des Biokreises, die Grenzwerte für Schadstoffe sind deutlich strenger als bei anderen Bio-Verbänden. „Die Frage ist meist: Ab wann sind die Schadstoffe für den Menschen schädlich? Aber die wichtigere Frage ist doch: Ab wann sind sie für die Bienen schädlich?“ Und aus dieser Frage ergeben sich zwangsläufig ganz andere Grenzwerte. „Bienen reagieren sehr sensibel auf Umweltveränderungen. Der Klimawandel, die Pestizide der intensiven Landwirtschaft – das stresst sie enorm und macht sie anfällig für Krankheiten oder Parasiten wie die Varroamilbe.“ Alles Faktoren, die für das aktuelle Bienensterben mit verantwortlich sind. Für Marcel Willared kam deshalb nur eine biologische Tierhaltung in Frage. Er will, dass es seinen Bienen gut geht.

„Ich brauche die Bienen und die Bienen mich“: Als Symbiose beschreibt Marcel Willared seine Arbeit als Imker.

Er beobachtet sie aufmerksam, hört auf sie. Für ihn ist es eine Art Symbiose, die er als Imker mit seinen Tieren eingeht. Seine Völker dürfen auch selbst bestimmen, wann es Zeit wird für eine neue Königin. „Viele Imker wechseln die Königin nach zwei Jahren aus. Ich warte einfach ab und vertraue darauf, dass die Bienen selbst am besten wissen, wann es soweit ist.“ Eine Biene, die gerade am Kragen seines T-Shirts entlangkrabbelt, nimmt er behutsam zwischen seine Finger und lässt sie wieder fliegen. Gestochen wird er fast täglich. Er zuckt mit den Schultern. Es stört ihn längst nicht mehr.

Dieter Willared markiert die Bienenkönigin. Die Tiere sind friedlich – stechen tun sie nur, wenn sie sich bedroht fühlen.

Die Standplätze wählen die Willareds sorgfältig aus. Wie hier, an einem Waldrand bei Hardheim. 14 Bienenvölker leben unter dem Schutz der Bäume. Auf dem Waldboden tanzt das Sonnenlicht. Die Höschen an den Hinterbeinen der Bienen, in denen sie die Pollen transportieren, sind knallgelb. Nebenan steht ein Rapsfeld, Bio-Raps natürlich. Bald sind die Pflanzen verblüht – dann wird der Wald anfangen zu „honigen“, wie Marcel Willared erklärt. Insekten wie Blattläuse stellen eine klebrige, süße Flüssigkeit her, den Honigtau – den die Bienen einsammeln. Daraus entsteht dann der dunkle, würzige Waldhonig. Durch den fließenden Übergang von einem Nahrungsangebot zum nächsten können die Bienen an Ort und Stelle bleiben. „Wir sind selten mit unseren Bienen unterwegs und wenn dann nur wenige Kilometer.“ Etwa zum nächsten Fenchelfeld, das ein befreundetet Bio-Landwirt 2020 extra für ihn anbaute. Der Fenchelblüten-Honig, der daraus entstand, ist mittlerweile preisgekrönt.

„Klein, aber fein“ – die Bio-Imkerei produziert keine große Mengen pro Honigsorte, dafür aber eine große Vielfalt.

Zwischen 10 und 15 Honigsorten stellt die Imkerei im Jahr her. Dazu kommen Bienenwachskerzen, Honigwein und Spezialitäten wie eine Honig-Zwiebel-Konfitüre. Alle Produkte vermarkten sie selbst. Sie sind in Bio-Läden in der Region erhältlich – und im „Honiglädchen“. Das liegt nur wenige Meter von dem ehemaligen Forsthaus entfernt, in dem die Familie Willared lebt. Abgelegen im Wald, nur wenige Meter von der Grenze nach Bayern entfernt. Neben der Familie leben hier auch noch Hunde, Katzen – und Wildschweine. „Die drei Allerliebsten“, wie Dieter Willared sie nennt. Das erste Wildschwein, Hilde, lief ihnen eines Tages zu. Sie zogen es groß, mit Fläschchen und Katzenklo. Später bekam Hilde Gesellschaft von Rambo und Bärbel.

Abgelegen im Wald, aber sehr idyllisch liegt das Honiglädchen.

Das Honiglädchen, ein ehemaliger Stall, riecht nach Holz und Wachs. Plastik kommt hier nicht zum Einsatz, sogar die selbstgemachten Teelichter haben eine Dochthalterung aus Holz. „Die brennt dann am Ende langsam mit ab – es bleibt nichts übrig außer das Glas“, erklärt Marcel Willared. Dieter Willared ist stolz darauf, was sein Sohn in den vergangenen Jahren aufgebaut hat. „Er hat ständig neue Ideen, ist so motiviert. Das wäre er sicher nicht, wenn ich hier der Chef wäre.“. Er lacht. Das habe er sich das von den Bienen abgeschaut, sagt er. „Die wissen ganz genau, wann es Zeit ist, an die nächste Generation abzugeben.“


www.bio-imkerei-willared.de

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