Der Indoor-Berg ruft – und lockt sogar Schweizer Kletterer ins pfälzische Frankenthal. Mit 130 Routen von leicht bis extrem ist das Kletterzentrum „Pfalz Rock“ ein vertikales Paradies und bringt Ausnahmetalente wie Michel Siedler hervor, der mit den Großen schon ganz oben mit klettert.
15 Meter sind verdammt hoch. Vor allem, wenn die Wand fies nach hinten überhängt und die Griffe und Tritte so klein sind, dass nur Finger- und Zehenspitzen daran Halt finden. Kein Problem für Michel Siedler aus der „Pfalz Rock“-Leistungsgruppe für Kids. Verblüffend schnell und ganz locker klettert er selbst schwerste Routen, während sich die Erwachsenen nebenan schnaufend Zentimeter für Zentimeter hinaufarbeiten.
Sechs Mal in der Woche trainiert der Mannheimer Schüler in Frankenthal. Der Schwerkraft schlägt er derart erfolgreich ein Schnippchen, dass sein Name nun auch außerhalb der Kletterszene fällt. „Mir gefällt es einfach, hier gemeinsam mit den anderen immer besser zu werden“, sagt er bescheiden und war dennoch mutig genug, seine Kletterkunst in Kai Pflaumes ARD-Show „Klein gegen Gross“ zu präsentieren. Dabei trat er gegen sein Vorbild, die Boulder-Weltmeisterin Juliane Wurm an, die derzeit wohl beste deutsche Wettkampfkletterin – und gewann mehr als deutlich.
Kein Wunder, dass sein Vater und Trainer stolz wie Bolle ist. Kai Siedler klettert selbst seit drei Jahrzehnten und kann die Leistung seines Sohnes genau einschätzen. Er selbst hat zu einer Zeit begonnen, als Pioniere wie der Ludwigshafener Wolfgang Güllich oder der Heidelberger Reinhard Karl, der 1978 auch als erster Deutscher auf dem Everest stand, das internationale Sportklettern revolutionierten. Der Ausnahmekletterer Güllich erweiterte in den 80er-Jahren das klassische Klettern in eine neue athletische Dimension. Plötzlich waren mit gezieltem Training Routen bis zum elften Grad möglich, den der Ludwigshafener 1991 mit der legendären Route „action directe“ im Frankenjura erstmals knackte. Gleichzeitig entwickelte sich das Sportklettern zu einem Lifestyle-Sport mit einer neuen Ethik: Technische Hilfsmittel wie Haken oder Schlingen dienen seitdem nur noch zur Sicherung.