Vom gewöhnlichen Pfeffer über gepulvertes Einhorn bis hin zur menschlichen Schädeldecke: Die Ausstellungsstücke, die das Deutsche Apotheken-Museum im Heidelberger Schloss vereint, zeugen von der oft alltäglichen, manchmal magischen und teils skurrilen Geschichte der Pharmazie.
Wie viel Magie steckt in der Medizin? Wer das Deutsche Apotheken-Museum im Heidelberger Schloss besucht, kommt unweigerlich zu dem Schluss: eine ganze Menge. In Vitrinen, Schränken und hübsch verzierten Gläsern lagern Schlangenhaut, Alraune und Bezoar. Schon bald fühlt man sich, als sei man einige Minuten zuvor nicht der Bergbahn, sondern dem Hogwarts-Express entstiegen. Schwere Mörser, langnasige Destillierapparate und die dicken Steinmauern tun ihr Übriges. Und spätestens, wenn man vor dem über zwei Meter langen Horn eines vermeintlich echten Einhorns steht, wartet man im Grunde nur noch darauf, dass gleich der miesepetrige Professor Snape aus den Harry-Potter-Bänden um die Ecke biegt.
Doch zum Glück erwartet die Besucher:innen an diesem Vormittag nur die gut gelaunte Suzanne Trautmann. Seit über zehn Jahren führt sie durch das Deutsche Apotheken-Museum, das sich über den Ottheinrichbau, den Ludwigsbau und den Apothekerturm erstreckt. „Magie und Medizin hängen schon immer sehr eng zusammen“, bestätigt sie – nicht umsonst heißt die Übersichtsführung durch die Ausstellung „Alraune und Einhorn“. Rund 20 weitere Führungen bietet das Museum an unter Titeln wie „Pesthauch und Himmelsduft“, „Gepfefferte Heilkunst“ oder „Mord aus zarter Hand“. Dazu Kindergeburtstage, Workshops etwa zum Pillendrehen und Abendempfänge mit der Schlossgastronomie. Mit 700.000 Besucher:innen jährlich gehört es zu den beliebtesten in Deutschland. Laut eigenen Angaben beherbergt es die weltweit umfangreichste Sammlung zur Geschichte der Pharmazie – mit Ausstellungsstücken aus vier Jahrhunderten. Auch ein Garten gehört seit 2019 dazu (mehr zur „Grünen Apotheke“ gibt’s in unserer Wo-Sonst-Geschichte aus Weinheim). Gegründet wurde das Museum 1937 in München, wo im Zweiten Weltkrieg ein Teil der Sammlung zerstört wurde. Der Rest zog erst nach Bamberg und 1957 schließlich nach Heidelberg um. Getragen wird das Museum von der gemeinnützigen Deutsche Apotheken Museum-Stiftung, unterstützt vom Förderverein Deutsches Apotheken-Museum und durch weitere Spendengelder.
Trautmanns Lieblingsstück schmiegt sich direkt hinter dem Empfangstresen an die steinerne Wand: ein Apothekerschrank aus dem Barock, etwa 300 Jahre alt, der einst im Kloster Schongau in Bayern stand. Vorsichtig klappt sie die aufwändig bemalten Türen auf. Zum Vorschein kommen rund 200 Fläschchen und Gläser, auch sie bemalt, mit Lederhäuten oder Korken verschlossen und sorgfältig beschriftet. „Bezoar“ steht auf zwei Gefäßen, die wie Trinkbecher anmuten, „Serpent“ auf einem anderen und „Cinabr.“ auf einem mit rotem Pulver. Die Museumsführerin deutet auf ein Regalbrett voller Fläschchen: „Ätherische Öle. Dass die nach so langer Zeit noch erhalten sind – das ist wirklich eine absolute Seltenheit.“ Die anderen Wirkstoffe sind mal mehr, mal weniger in Mitleidenschaft gezogen: Während sich auf einigen leicht verformten Tabletten noch das eingeprägte Siegel erkennen lässt, sind die Globuli nebenan zu einem einzigen Klumpen verschmolzen.