Seit 2004 bringt das Kurzfilmfestival Girls Go Movie Mädchen und junge Frauen vor und hinter die Kamera. Und ermutigt sie, ihre Sicht auf die Welt und sich selbst zu teilen. Warum ist das Anliegen des Mannheimer Festivals heute noch so aktuell wie vor der Gründung? Ein Gespräch mit Projektleiterin Kathrin Lämmle.
Das Jugendkulturzentrum forum brummt an diesem Nachmittag. In den Büros im Erdgeschoss klären Mitarbeiter:innen die letzten Details zu einem anstehenden Konzertabend, ein Stockwerk höher blickt das Team der „Theaterbande“ auf das deutsche Kindertheaterfest zurück. In der Keramikwerkstatt trudeln bald die ersten Kinder ein, die hier mit Ton werkeln, danach wird im Club mit Soft- und Hardware experimentiert. Ein Ort, der vor Kreativität nur so sprüht und an dem 2002 zum ersten Mal die „Mannheimer Mädchenfilmtage“ stattfanden. Die Resonanz war so gut, dass Ruth Hutter, noch heute künstlerische Leiterin, gemeinsam mit der damaligen forums-Leiterin Karin Heinelt sowie Gertrud Rettenmeier von der Städtischen Jugendförderung beschlossen, etwas Größeres daraus zu machen: das Kurzfilmfestival Girls Go Movie, das 2004 zum ersten Mal stattfand.
2013 übernahm die Medienwissenschaftlerin Dr. Kathrin Lämmle die Projektleitung und ihr war schnell klar: dieses Festival, das Mädchen vor und hinter die Kamera bringt, kann noch viel bewegen. Mittlerweile hat sich Girls Go Movie einen Ruf erarbeitet, der weit über Mannheim hinaus reicht. Über 30 Mentorinnen betreuen Hunderte von Teilnehmerinnen zwischen 12 und 27 Jahren. Mit professioneller Hilfe erstellen sie Filme: von der ersten Idee über das Skript bis zum Dreh und Schnitt. Gut 60 Filme werden jedes Jahr für das Festival eingereicht. Filme, die unter die Haut gehen und berühren, die überraschen, aber eines garantiert nie tun: langweilen.
Frau Lämmle, als Projektleiterin sichten Sie jedes Jahr um die 60 Kurzfilme für Girls Go Movie. Ist das mittlerweile Routine?
Lämmle: Nein. Ich freue mich jedes Jahr aufs Neue darauf. Die Sichtungswoche und dann das Festival – für mich ist das die schönste Zeit des Jahres. Weil wir jedes Mal merken, wie groß die Resonanz auf unsere Arbeit ist und wie viel Vertrauen die Mädchen uns entgegenbringen.
Warum Vertrauen?
Lämmle: Die Teilnehmerinnen behandeln in ihren Filmen Themen, die sehr persönlich sind. Da sind krasse Geschichten dabei, wie Fluchterfahrungen oder Missbrauch. Es gibt jedes Jahr Filme, die unter die Haut gehen und mir die Tränen in die Augen treiben. Die sind so pur, so echt. Es ist ein großes Geschenk, diese Filme anschauen zu dürfen.
Verarbeiten die Mädchen in den Filmen vor allem persönliche Erfahrungen?
Lämmle: Oft – aber nicht nur. Im Prinzip spiegelt unser Festival die Themen wider, die in der Gesellschaft diskutiert werden. In den vergangenen Jahren haben sich viele Filme mit der Corona-Krise und dem Krieg in der Ukraine beschäftigt. Aber es gibt auch Themen, die uns seit Jahrzehnten begleiten: Geschlechterrollen, die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und Selbstwertgefühl. Für uns ist die Sichtungswoche auch immer ein Seismograph. Sie zeigt uns, welche Themen für diese Generation gerade wichtig sind.
Und hilft ihnen, die junge Generation besser zu verstehen?
Lämmle: Absolut! Deswegen kann ich auch Politiker*innen nur raten, unser Festival zu besuchen. Sie reden so oft über die Jugend – aber nicht mit ihnen. Bei Girls Go Movie haben sie die Chance, zuzuhören und direkt mit ihnen ins Gespräch kommen.