Marc Freukes lebt seinen Traum vom selbstbestimmten Leben in einer Jurte mitten im südhessischen Odenwald. In Wildniskursen kann man von seiner Erfahrung profitieren und alles über das faszinierende Leben in der Natur lernen.

Als Marc Freukes an diesem sonnigen Sommermorgen aus dem Wald geschlendert kommt, deutet nichts darauf hin, dass er seit 2014 genau dort lebt: abgeschieden von der Großstadt, ohne Wasser- und Stromanschluss und nur durch seine einfache, selbstgebaute Jurte vor Wind und Wetter geschützt. Er ist durchtrainiert und hinge nicht ein selbst geschmiedetes, eigenhändig graviertes Messer an seinem Gürtel, würde er einem so auch in einer Fußgängerzone kaum auffallen. „Ich habe schnell gemerkt, dass das Leben im Wald für mich sehr gut funktioniert. Meiner Meinung nach gibt es nichts besseres“, sagt der inzwischen als Odenwald-Tipianer bekannte und schon ein klein wenig berühmte Freukes zur Begrüßung.

Marc Freukes auf dem Grundstück seiner Jurte im Odenwald. Foto: Torsten Redler

An der Leine führt der ehemalige Bundesliga-Golftrainer seine kleine, strubbelige Hündin Rala, die mit ihm vor einigen Jahren in ein Waldstück bei Hammelbach im Landkreis Bergstraße zog. Nach einem Burnout hatte er damals nach einer Möglichkeit gesucht, selbstbestimmt zu leben. Ohne der Gesellschaft zur Last zu fallen, wie er heute sagt.

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Wer Marc Freukes treffen will, muss ihn zunächst per SMS oder Mail kontaktieren. Vom Treffpunkt aus führt ein breiter, befahrbarer Waldweg zu einer Abzweigung, die man leicht übersehen kann. Sie mündet in einen zugewachsenen schmalen Pfad. Noch ein kurzer, gemütlicher Spaziergang, dann steht man vor dem windschiefen Tor zu seinem „Paradies“. Auf einem privaten, umzäunten Freizeitgrundstück hat eine Jurte selbst errichtet. In der Nähe steht ein schwedenrot bemaltes Häuschen mit einem spitzen Schindeldach. 

Auf dem Gelände von Marc Freukes im Odenwald. Foto: Torsten Redler

Dafür hat Marc Freukes einen ausrangierten Bauwagen umgebaut und ein zweites, winziges Stockwerk eingezogen. Das nur 7 Quadratmeter große Schindelhäuschen bietet eine bequeme, mit bunten Decken bezogene Sitzgelegenheit und eine Küchenanrichte aus blankpoliertem Altholz. Die Regale sind mit duftenden Gewürzen, Ölen und dem nötigsten Holzgeschirr gefüllt. Praktische Aufhängevorrichtungen aus Fundstücken und Resten von Baumaterial erlauben, dass der Raum maximal genutzt wird. Mit dem aus zwei alten Gaskartuschen zusammengesetzten Ofen kann man kochen, heizen und sogar Pizza backen. Eine enge, steile Holztreppe führt in ein winziges Schlafzimmer, das Platz für zwei Personen bietet. Das Häuschen vermietet Marc Freukes an Besucher:innen oder Teilnehmer:innen seiner mehrtägigen „Wildniskurse“, mit denen er sein Geld verdient.

Dahinter, etwas verdeckt von Bäumen und Büschen, steht die selbstgebaute Jurte, in der er selbst auf 18 Quadratmetern lebt. Seine Küchenzeile wird ergänzt durch einen Erd-Kühlschrank, der keine Energie benötigt und allein dadurch eine Temperatur von 10 bis 15 Grad garantiert, weil er tief in den Boden eingelassen wird. Es gibt eine Truhe und eine Kommode, sein selbstgebautes Sofa nutzt er zum Essen, Lesen, Musikhören, zum Bücherschreiben oder um seine Kurse zu organisieren. 

So sieht der Kühlschrank von Marc Freukes aus, den er tief in den Boden einlässt. Foto: Torsten Redler

Neben seinem Messer trägt Marc Freukes ständig einen Schlüsselbund bei sich. Ein Schlüssel im Wald? „Es ist ein Klischee, dass man hier nichts abschließen muss“, ist seine bittere Erkenntnis. Neben einer Freiluft-Kochstelle für Besucher:innen, einem Komposter aus Holz sowie einer Trockentoilette ist zuletzt ein kleines Outdoor-Fitnessstudio entstanden. Dort trainiert er sechs Mal wöchentlich nach einem selbst erstellten Plan. „Das erfordert viel Disziplin, ist aber super für Rücken- und Beinmuskulatur.“ Seither sind seine lähmenden Rückenschmerzen Geschichte.

Marc Freukes hat sich ein eigenes Outdoor-Fitnessstudio gebaut. Foto: Torsten Redler

Auch die Trainingsgeräte hat er selbst entworfen und gebaut. Was irgendwie verwendet oder erneut genutzt werden kann, wird Teil seiner Projekte. Die Trainingsbank hat er mit einer Isomatte gepolstert, die ein Besucher hier vergessen hat. Investiert hat er jedoch in neue Gewichtsscheiben und ein Zugsystem. Denn für das Leben im Wald ist seine Gesundheit essentiell. Daher setzt er auch auf eine ausgewogene Ernährung. 

Schmackhafter Einstieg in den Tag – Marc Freukes bereitet sich ein Porige zu. Foto: Torsten Redler

In aller Ruhe bereitet er sich die erste Mahlzeit des Tages zu: ein warmes Porridge mit frischen Früchten, Nüssen und Kurkuma. „Ich nutzte alles, was ich finde wie Wildkräuter, Beeren oder Giersch“, erklärt er, während der Getreidebrei im knisternden Ofen duftend köchelt. Um seinen Energiebedarf zu decken, muss er jedoch zusätzlich einkaufen. Fleisch zum Beispiel oder Joghurt und Milch, um ausreichend Proteine zu sich zu nehmen. 

Während er sein Porridge genüsslich verspeist, erzählt er vom Leben im Wald, seiner Philosophie und seinen Erfahrungen. Er nutzt ausschließlich Quellwasser zum Kochen und Trinken, rund 30 Liter in einer guten Woche kommen da zusammen. Mit Regenwasser reinigt er Hände, Wäsche und Geschirr, sein Waschmittel stellt er aus Kernseife, Waschsoda, Wasser und ätherischen Ölen selbst her. Der Strom zum Laden etwa seines Handys oder zur Beleuchtung des Schindelhäuschens stammt von einem Solarmodul.

In der Jurte von Marc Freukes. Foto: Torsten Redler

Freukes bezeichnet sich selbst als nicht-dogmatischen Minimalisten: „Zwar besitze ich so viel wie nötig und so wenig wie möglich.“ Verzichten könnte er jedoch noch auf sein kleines Auto und sogar noch auf ein paar Quadratmeter Wohnfläche. Aber er möchte auch weiterhin Familie und Freunde besuchen, nach Heidelberg zum Pizzaessen fahren oder einfach mal Urlaub machen an Orten, an denen er sich um gar nichts kümmern muss. Inzwischen spielt er sogar wieder Golf – mit Spaß. Etwas, das für ihn vor wenigen Jahren noch undenkbar war.

Manche Dinge des modernen Lebens möchte ich nicht ausschließen – ich nehme aus beiden Welten das Beste.

Marc Freukes

Über all das hält er Vorträge und gibt Interviews. Wie man mehrere Tage im Wald zurechtkommt und welcher Ansatz hinter seiner Art zu leben steht, lernt man vor allem in seinen Wildniskursen. Die Teilnehmer:innen kommen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Darunter sind kleine Kinder, aber auch eine 97-jährige Dame war schon dabei. „Ich habe jeden Tag wirklich viel zu tun. Aber meine Arbeit ist zu 100 Prozent selbstbestimmt.“ Und das sei genau das, was er gesucht hat. 

https://www.wildniskurs.de/index.html

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