Die Exkursion ins Herz des Bienwaldes beginnt häufig mit einem typischen Geräusch. Pffft! Pffft! Pffft! Es hört sich an wie ein modernes Kammermusikstück für Sprühflaschen, und tatsächlich wagen sich nur Unkundige ohne Insektenschutz in das 12.000 Hektar messende Waldgebiet im Süden der Pfalz. Und so ist der nahende Herbst die perfekte Zeit für eine Entdeckungsreise in die „pfälzischen Everglades“.
„Es gibt Touren, die mach‘ ich lieber im März oder im Herbst“, gesteht der zertifizierte Natur- und Landschaftsführer Norbert Rapp – und erklärt auch gleich die Ursache der sommerlichen Stechmückenplage: die vielen Bächlein, Rinnsale und von Erlen bewachsenen Feuchtstellen in diesem einzigartigen Waldgebiet. „Wenn wir mal wieder eine Überschwemmung haben“, sagt Norbert Rapps Kollegin Michaela Stöhr, „sieht’s hier ein bisschen aus wie in den Everglades!“
Doch ist man erst mal unterwegs in den „pfälzischen Everglades“, denkt keiner mehr an pieksende Flattertierchen, wenn Heidrun Knoch, die erste Vorsitzende der Bienwald-Naturführer mit wahrhaft kreativen Führungen aufwartet: da gibt es „Naturkundliche Homöopathieführungen“, Kriminologisches zu Wildpflanzen wie „Arsen und Pfaffenhütchen“, unbekannte Prominente wie den „Würzwisch – die Kräuter zu Mariä Himmelfahrt“ … oder auch Geschichtliches: „Natur erobert Westwall.“
Hat man erst mal gesehen, wie die Bäche des Pfälzer Waldes den Wald versumpfen und sich vorstellt, wie früher der Rhein so fröhlich wie rüpelhaft hier herummäandrierte, kann man gut verstehen, dass für unsere frühen Vorfahren an dauerhafte Großsiedlungen im Bienwald kaum zu denken war.
Bis auf ein paar Hügelgräber, vermutete Wehranlagen, keltische und natürlich römische Reste, kann der Bienwald nicht mit seit alters her besiedelten Kulturlandschaften konkurrieren. Will er auch gar nicht – und muss er auch nicht; seine Besonderheiten pflegt er anderweitig. Dass die Wassermengen schlecht abfließen können, liegt nicht zuletzt an dichten Mergel- und Tonschichten imUntergrund, und die waren gut nutzbar für die Römer, um in Rheinzabern das feine Tafelgeschirr Terra Sigillata herzustellen.
Dennoch, an Historie mangelt es nicht. Kriegszeugnisse bis in die jüngste Vergangenheit, weisen auf dauerhafte Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Franzosen hin. Auffällig ist die Rodungsinsel Büchelberg, ziemlich genau in der Mitte gelegen und immer wieder von den Naturführern angesteuert. Gern auch mal per Fahrrad, um die nicht unerheblichen Kilometer-Distanzen besser zu überbrücken.