Der Ludwigshafener Ebertpark ist alles andere als ein normaler Stadtpark. Mit ungewöhnlichen Ideen und Methoden spielt man hier Schach mit der Natur – und inzwischen reisen Landschaftsgärtner und Parkfans aus ganz Deutschland an, um diesen Park im Aufbruch zu entdecken.
So sieht er also aus, der Stauden-„Revolutionär“: kurze Haare, Ohrring, kariertes Hemd und jede Menge Energie. Harald Sauer ist gärtnerischer Leiter des Ebertparks, seit ziemlich genau 25 Jahren. Und damit maßgeblich zusammen mit seinem Team an dem Phänomen beteiligt, das er „Park im Aufbruch“ nennt.
Tatsächlich ist schon der „Aufbruch“ in den Park im Stadtteil Friesenheim eindrucksvoll. Nach dem Passieren der pittoresken Pavillons am Eingang öffnet sich der Blick: die Fontänen in ihrem sternförmigen Wasserbecken, gesäumt von Grünflächen, Blumenrabatten und weiß geschotterten Wegen – und in der Mitte der Blickachse das Turmrestaurant mit seinem runden Mittelbau und den zwei Flügeln. Alles wie mit dem Lineal gezogen, streng symmetrisch – der „französisch“ wirkende Teil des Parks.
Wo sich in anderen Parks monotone Teppiche aus Begonien, Stiefmütterchen und anderen floralen Dauerbrennern ausbreiten, ist hier Vielfalt angesagt: eine Armada auffälliger Blüten neben üppigen Gräsern, dazwischen hüfthohe Stauden.
„Sie finden hier nichts, was Sie sonst in Sommerbeeten sehen würden“, sagt Harald Sauer und lacht. „Wir überlegen uns immer, wie wir die Bepflanzung ein bisschen anders anlegen können, als normalerweise üblich. Mit lockerer, naturalistischer Mischpflanzung wollen wir einen Kontrapunkt zur strengen Symmetrie unserer Anlage setzen.“ Der Chefgärtner des Ebertparks, so viel wird spätestens jetzt klar, ist kein gewöhnlicher Grünflächenverwalter, sondern ein echter Herzblutgärtner – und ein Gartenidealist.
Wer auf einem der gepflasterten Wege nach Süden in Richtung großer Spielwiese schlendert, hat Zeit, sich an die Historie des Parks zu erinnern: Der Ebertpark wurde anlässlich der Süddeutschen Gartenbauausstellung angelegt und am 28. Mai 1925 eröffnet. Innerhalb von nur sechs Monaten verwandelte sich das vormalige Sumpfgelände im Norden der Chemiestadt in eine moderne Parkanlage, die seinerzeit noch eine großzügige Ausstellungshalle beherbergte. Die ursprüngliche Fläche umfasste acht Hektar, die in mehreren Ausbauschritten auf die heutigen fast 25 Hektar erweitert wurde. Hinzu kamen 1934 ein Tierpark, 1954 eine große Spielwiese mit Tiergehege und Spielplätzen und 1966 die futuristisch wirkende Architektur der Eberthalle.
Unsere Art der Gärtnerei ist wie ein Schachspiel mit der Natur.
Harald Sauer
Legendär sind vier Bären, die ab 1934 in einem Zwinger lebten und die in den Kriegsjahren unter nicht genauer geklärten Umständen verschwanden. Die Reste des Bärenzwingers liegen heute noch versteckt in einer Ecke des Parks und sind ein beliebter Treffpunkt für Friesenheimer Jugendliche.
Im Süden des Parks liegt der Entenweiher – Schauplatz eines gärtnerischen Pionierprojekts: Eine Fläche mit struppigen Gräsern, dazwischen Anemonen, Wiesenrauten, Lauchpflanzen sowie einige zu Miniaturbergen geschnittene Eiben. Auf einer anderen Fläche wuchert munter Aegopodium podagraria. „Giersch!“, ruft Sauer. „Da schlagen die meisten die Hände über dem Kopf zusammen, aber wir finden das gut.“ Das Ebertpark-Gärtnerteam hat den Giersch spät im Frühjahr zurückgeschnitten, um den Büschen, Stauden und Blumen Platz zu machen. Das gefürchtete Unkraut wird im Ebertpark zum nützlichen Bodendecker und harmoniert prächtig mit den gesetzten Pflanzen.
„Was wir hier in diesen naturalistischen Beeten machen, ist Gärtnern mit komplett neuen Regeln“, erläutert Harald Sauer. Wir setzen auf Vielfalt, Integration und die Launen der Natur. „Wir lassen Unkraut und Zierpflanzen friedlich miteinander koexistieren – und erzielen damit spannende Ergebnisse.“ So spannend, dass inzwischen auch die Fachwelt den Ebertpark entdeckt hat. Diverse Artikel über das ungewöhnliche gärtnerische Konzept des Ebertparks sind bereits erschienen und regelmäßig reisen Garten-Experten nach Ludwigshafen, um sich hier inspirieren zu lassen.
Bei den ganz normalen Ebertparkbesuchern kommen die frischen Ideen, die Abwechslung und die Experimente gut an. „Unsere Art der Gärtnerei ist wie ein Schachspiel mit der Natur“, sagt der Chefgärtner. „Wir machen einen Zug und die Natur hält dagegen, dann sind wieder wir dran – und im nächsten Jahr sieht die Fläche oder das Beet vielleicht wieder ganz anders aus.“
Ein Wendepunkt für den Ebertpark war das Jahr 2005, als sich der Förderkreis Ebertpark e.V. gründete. Durch das Engagement seiner Mitglieder und anderer Förderer erhielt der Park neue Impulse. Pläne, den Park in eine gewöhnliche Grünanlage mit Bäumen und Wiesen zurückzubauen, wurden ad acta gelegt. Die Abteilung „Neubau“, die sich gemeinsam mit Sauers Team um den Park kümmert, hat seitdem einiges vollbracht: Wege und Beleuchtung wurden modernisiert, die vormals trostlosen Spielplätze renoviert.
Und auch das jüngste Ebertpark-Projekt ist erfrischend anders: der Quellgarten, eine geometrische Anlage mit Wasserbecken, Stegen und Brücken – in den 1960er Jahren komplett aus Beton gegossen. Die Beete um die Becken, die schon lange trocken liegen, haben die Ebertpark-Gärtner mit einer strukturstarken Mischung aus teils mannshohen Stauden, Gräsern und Büschen bepflanzt. Diese stehen in tollem Kontrast zur architektonischen Form dieses Gartenteils und es entstand so ein spannender Staudengarten.
Vom Quellgarten sind es nur wenige Meter zum Rosengarten. Hier, wo einst Hunderte von Rosenstöcken in Reih‘ und Glied standen, ist momentan Brachland. Die Rosenstöcke durften die Ludwigshafener in einer Mitmachaktion ausbuddeln und mit nach Hause nehmen, Wege und Beete wurden planiert, lediglich die weißen Betonsäulen, die vormals die Pergola trugen, stehen wie steinerne Monumente auf der Wiese. Das Ebertpark-Team wird in den kommenden Jahren eine komplett neue Rosenbepflanzung anlegen. Und man darf sich sicher sein: das wird kein herkömmlicher Rosengarten, sondern eine experimentelle Gartenfläche – und ein neues Highlight im Ludwigshafener Ebertpark.
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