Wein und Lavendel – zwei Worte, ein Gedanke: Provence! Doch so weit müssen die Gedanken gar nicht schweifen, denn dank Anne und Matthias Gaul gibt es die südfranzösische Kombination auch in der Pfalz. In Grünstadt-Asselheim bauen sie Pinot Noir und Lavendel an.

Das Feld summt. Ein monotoner, sanfter Ton, der über einem wogenden, blau-violetten Pflanzenmeer schwebt. Es ist Juli, ein heißer, trockener Tag – ideal scheinbar, um Nektar und Pollen zu sammeln. Es müssen hunderte, nein tausende Bienen, Hummeln und Schmetterlinge sein, die hier um den blühenden Lavendel summen. Mittendrin steht Anne Gaul und atmet tief durch. „Ich komme so gerne hierher, auch wenn gar nichts zu tun ist. Vor allem abends.“ Der Duft, das Summen – es hilft ihr, zu entspannen, runterzukommen. Allein 35 verschiedene Falter hat ein befreundeter Hobby-Botaniker hier schon bestimmt. Bei der Ernte scheuchen sie mitunter auch Gottesanbeterinnen auf.   

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Fahrt ins Blaue: Kommt mit auf die Lavendel-Felder von BlauSinn! Lied: „When Summer Ends“ von Serge Quadrado

Natürlich wächst der Lavendel hier nicht nur für die Insekten. Aber genau so hat Anne Gaul sich das immer erträumt. Ein blühendes Lavendelfeld mitten in der Pfalz. An dem Menschen und Tiere ihre Freude haben, Wildbienen ebenso wie Hochzeitspaare, die für Shootings vorbeikommen. Ein Stück Provence in ihrer neuen Heimat. Das sie, nach der Blüte, zu Ölen, Seifen und Pflegeprodukten weiterverarbeitet. Konserviert für den Winter.

Im Blau: Auch wenn gar nichts zu tun ist, fährt Anne Gaul gerne hierher.

Anne Gaul kommt aus Frankreich, sie ist an der Elsässer Weinstraße geboren und aufgewachsen. Ihre Eltern hatten selbst Weinberge und bewirtschafteten sie im Nebenerwerb. „Ich weiß noch: Meine Oma hatte im ganzen Haus Lavendelsäckchen. Im Kleiderschrank gegen die Motten, im Schlafzimmer wegen des beruhigenden Duftes. Das ganze Haus roch nach Seife und Lavendel. Das ist ein Duft, der mich immer sofort in meine Kindheit zurückbringt.“ Wein und Lavendel – die Kombination lässt sie nicht los. Immer wieder zieht es sie deshalb in die Provence. Auch als sie nach ihrem Studium der Sprachwissenschaften einige Jahre in Bonn lebt, fährt sie immer wieder dorthin.

Die Liebe zu Südfrankreich bringt sie schließlich mit ihrem Mann zusammen. Auch Matthias Gaul hat ein Faible für das Nachbarland. „Ich weiß noch, in unserem ersten Gespräch ging es tatsächlich um die Provence“, sagt Anne Gaul und lacht. Als sie ihn dann, 2010, zum ersten Mal in der Pfalz besucht, ist sie erstaunt. „Ich habe das nicht erwartet, dass es in Deutschland so mediterran sein kann. Ich fand es traumhaft schön und habe mich sofort heimisch gefühlt.“ Wenig später zieht sie nach Grünstadt-Asselheim. „Tja, Weinberge lassen sich nun mal schlecht verpflanzen.“

Wenn in der Pfalz Tempranillo wächst, warum dann nicht Lavendel?

Anne Gaul

Matthias Gaul führt das Weingut seiner Familie in vierter Generation. „Wir haben keine große Fläche – wir können nicht auf Masse setzen, wir müssen Qualität bieten“, sagt er. Die kargen, mineralischen Böden rund um Grünstadt-Asselheim und das mediterrane Klima bieten beste Voraussetzungen dafür. Auch für Experimente. Matthias Gaul baut seit einigen Jahren Tempranillo an, die bedeutendste Rebsorte Spaniens. Und vor allem Burgunder.

Die Leidenschaft für Wein und Lavendel verbindet Anne und Matthias Gaul.

Der Winzer geht gerne neue Wege. Auch in der Art des Anbaus. Sein Pinot Noir wächst in enger Pflanzung, so wie es im Burgund üblich ist. In niedrigen Reihen, dicht beieinander. Auf der Fläche wachsen dreimal so viele Stöcke wie im Umkreis. „Wir halbieren die Trauben im Sommer, damit sie locker hängen. So platzen sie nicht auf und faulen nicht.“ Ein Rebstock trägt deshalb weniger Trauben und bringt eine höhere Qualität. Bei dieser Art der Pflanzung hat der Rebstock deutlich weniger zu tun – und braucht auch weniger Wasser. In trockenen Jahren ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Mediterranes Flair: Das Weingut Matthias Gaul.

Das Weingut liegt mitten im Ort und ist kaum zu verfehlen. Turm und Torbögen, zwei lange Zypressen am Eingang, Olivenbäume und Oleander verbreiten schon vorab mediterrane Stimmung. Und vor der Hofeinfahrt: Lavendel, überall Lavendel. Schon etwas verholzt, „aber ich bringe es nicht über das Herz, ihn zu ersetzen“, sagt Anne Gaul. Sie lieben diese Pflanzen – beide. Und mit jeder Reise nach Südfrankreich, mit jedem Besuch bei Lavendelzüchtern oder in Destillerien, reifte schließlich die Idee: „Wenn hier Tempranillo wächst, warum dann nicht Lavendel?“, fragte sich Anne Gaul.

Die BlauSinn-Lavendelfelder zwischen Grünstadt-Asselheim und Albsheim.

2014 setzten sie die ersten Pflanzen, auf einem kleinen Grundstück am Ortsrand, direkt hinter einer alten Sandsteinmauer. Sie testeten, welche Sorten sich hier besonders wohlfühlen, welche für Sträuße, welche für Öle besser geeignet sind. Jahr für Jahr kamen weitere Pflanzen hinzu. Seit 2019 wächst ihr Lavendel auf einer Fläche von zwei Hektar. Erst im März 2022 kam ein weiteres Feld dazu. „Das haben wir an meinem Geburtstag gepflanzt“, erzählt Anne Gaul.

Bereit für die Fahrt ins Blaue: Die BlauSinn-Ente.

Auf das Feld geht es – stilecht – in einer Citroën Kastenente in einem cremigen Weißton. Ruckelnd, zuckelnd setzt sie sich in Bewegung – holpert über Feldwege bis zum Ortsrand von Grünstadt-Asselheim. Zu einem 200 Meter langen Feld, das sanft bergab fällt. Im Hintergrund die Weinberge. Am anderen Ende, gegenüber der Straße, lugt ein altes Gebäude aus den hohen Büschen. „Das ist die Krausmühle, in der früher Getreide gemahlen wurde“, erklärt Anne Gaul. 2020 haben sie das rund 300 Jahre alte Gebäude gekauft. Irgendwann einmal, träumt sie, soll hier die hofeigene Destillerie entstehen. Doch schon heute nutzen sie die Mühle mit ihren alten, dickgemauerten Stallungen für kleine Veranstaltungen und Feste. Dahinter plätschert der Eisbach.

Bald Heimat einer Lavendel-Destillerie? Das passende Flair hat die Krausmühle bereits.

Am anderen Ende des Feldes stehen einige Bienenstöcke. Sie gehören Freunden, Hobbyimkern. „Honig vom Lavendelfeld“ produzieren die Bienen hier. Anne Gaul nimmt eine alte Sichel und schneidet einige Lavendelbüschel ab. Noch ist keine Erntezeit. Solange die Pflanze blüht, holt sie nur einige Büschel für kleine Sträuße und Lavendelsäckchen. Ernten werden sie wohl Ende Juli. Deutlich früher als im Jahr zuvor, das regenreich und sonnenarm war. „Diese Jahr haben wir hier südfranzösisches Klima“, sagt Anne Gaul. Sie lächelt, etwas unschlüssig. Denn die trockene Hitze, die gut ist für ihren Lavendel, ist schlecht für den Wein ihre Mannes. Der mag es etwas kühler – und gerne auch ab und an Regen.

Anne Gaul verbringt selbst ihren Geburtstag am liebsten auf dem Lavendelfeld.

Der Lavendel ist eine genügsame Pflanze. Er stellt kaum Ansprüche an den Boden, kommt mit Hitze gut klar und braucht kaum Wasser. Die ideale Pflanze für den Klimawandel. „Wir müssen auch keine Schädlinge bekämpfen, nur ab und an Unkraut hacken. Das ist alles komplett biologisch.“ Die Zertifizierung haben sie bereits beantragt. Das junge Feld werden sie noch per Hand, mit der Sichel ernten. Für das große Feld kommt eine 40 Jahre alte Maschine zum Einsatz. Der Lavendel trocknet dann direkt vor Ort, auf den abgeernteten Pflanzen. So wie es auch in Frankreich traditionell üblich ist. Nach fünf Tagen fahren sie die Ernte dann in den Süden. Der Lavendel wird in Frankreich per Wasserdampf destilliert und weiterverarbeitet. Zu fester und flüssiger Seife, zu Ölen und Pflegeprodukten. Unter dem Namen BlauSinn vermarktet Anne Gaul die Produkte, die derzeit im Verkaufsraum des Weinguts erhältlich sind. 

Das Ehepaar arbeitet Hand in Hand. Sie ist für den Lavendel zuständig, er für den Wein. Doch sie unterstützen sich, sind immer dort, wo gerade Arbeit anfällt und beraten sich gegenseitig. Für ihr kleines Stück Südfrankreich in der Nordpfalz. Für Wein und Lavendel.


www.blausinn.de

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