Für die einen war sie ein „faules Weib“, weil sie nicht auf dem Acker arbeiten wollte. Für die anderen eine Vordenkerin: Augusta Bender – geboren 1846 in Schefflenz im Neckar-Odenwald-Kreis – erhielt zu Lebzeiten nie die Anerkennung, die sie suchte. Seit 2020 erzählt ein Museum in ihrem Geburtsort die Geschichte der Schriftstellerin, Tierschützerin und Frauenrechtlerin. Und fragt, was wir heute von ihr lernen können.
Wer war Augusta Bender? Georg Fischer muss nicht lange überlegen, bevor er zu einer Antwort ansetzt. „Man sollte sie nicht auf eines festlegen“, schiebt er vorweg, dann legt er los: Bauerntochter, gescheiterte Schauspielerin, Telegraphistin, Privatlehrerin, Amerikareisende, Autorin und Erforscherin von Volksliedern. Während Fischer das alles aufzählt, steht der Rentner mit den buschigen Augenbrauen vor einem frühen Foto der Schriftstellerin. Sie hält eine Katze in den Armen und lacht. Der Schutz der Tiere lag ihr ebenso am Herzen wie die Rechte von Frauen. „Aber sie war keine Revolutionärin, sie war eine konservative Frau.“ Im Dorf galt sie als „faules Weib“, weil sie sich Bildung erkämpfte, statt auf dem Acker zu arbeiten. Doch ihre Werke fanden keine Anerkennung – und so wäre sie zwischenzeitlich fast verhungert.
Es sind diese Widersprüche, die Georg Fischer an Augusta Bender faszinieren. Dass in ihrem Geburtsort Oberschefflenz heute ein kleines Museum an sie erinnert, ist maßgeblich sein Verdienst: 1989 entdeckte er die verkannte Schriftstellerin und holte sie nach und nach aus der Versenkung. 2017 gründete er mit einigen Gleichgesinnten den Verein Literatur-Museum Augusta Bender, der heute 75 Mitglieder zählt. Drei Jahre später eröffnete das Museum im ehemaligen Grundbuchamt mitten in dem 1500-Seelen-Ort nahe Mosbach. Es ist eines von rund 100 literarischen Museen, Archiven und Gedenkstätten in Baden-Württemberg – und eines der wenigen, das einer Frau gewidmet ist.
Benders Lebensweg begann 1846 einige Straßen weiter: Sie wurde als sechstes Kind einer Bauernfamilie geboren. Ihre Mutter erzählte ihr Sagen und Geschichten, Augusta begeisterte sich früh für Literatur. Mit neun veröffentlichte sie ein Gedicht im Odenwälder Boten, strebte fortan nach Bildung und raus aus dem Dorf. Mit 16 haute sie zum ersten Mal ab, versuchte sich in Mannheim als Schauspielerin – und scheiterte. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein: Beim Versuch, in Heidelberg eine Sprachschule zu gründen, verlor sie Jahre später ihr Erspartes. Obwohl sie ausgebildete Lehrerin war und vier Sprachen beherrschte, fand sie in Deutschland keine Anstellung. Und auch als Schriftstellerin blieb ihr die Anerkennung, die sie suchte, ein Leben lang verwehrt.