Das „Kleine Museum für alte Läden und Reklame“ von Peter Heiß in Hammelbach nimmt Besucher mit auf eine Zeitreise. Von 1900 bis in die 1960er Jahre, quer durch die Einkaufs- und Werbekultur. Über ein Museum, das eigentlich nie geplant war – und vollgepackt ist mit liebevollen Erinnerungen.
Es sind auch seine eigenen Erinnerungen, die hier ausgestellt sind. Peter Heiß tritt in den kleinen Raum, den ein Kaufladen komplett ausfüllt, bis unter die Decke. Ein Tante-Emma-Laden, wie man ihn sich nicht besser ausmalen kann. Eine Theke mit Glasvitrine. Die Regale in mintgrün und orangerot. Mit Pez-Automat und Caro-Kaffee, einer unglaublichen Maggi-Vielfalt, Seifen, Zigarren und Haargummis. Peter Heiß tritt an die Verkaufstheke und geht in die Hocke, seine Augen können gerade so über den Tresen linsen. „So stand ich da immer, als acht-, neunjähriger Bub und hab‘ nach ‘nem Stück Butter gefragt – oder warum auch immer mich meine Mutter hergeschickt hat.“ Er steht wieder auf, schmunzelt. „Ich hab‘ hier auch meine erste Zigarette gekauft.“
Heiß stand tatsächlich da, genau an dieser Verkaufstheke. Nur stand die damals noch mitten im Ort, in Hammelbach. Ein alter Edeka, eröffnet 1952. Bis zur Schließung betrieb ihn die Familie der Inhaberin. „Am Ende war sie fast 90 Jahre alt, aber stand immer noch jeden Tag in ihrem Laden.“ Nach ihrem Tod betrieb die Schwiegertochter das Geschäft noch einige Jahre weiter, dann gab es die Familie auf. Der Verkaufsraum sollte umgebaut werden, die Ladeneinrichtung wurde überflüssig.
Heute ist sie Teil von Peter Heiß‘ „Kleinem Museum für alte Läden und Reklame“. Die Familie dachte sofort an ihn, als der Umbau beschlossen war. Dass er hier ein kleines Stück Dorfgeschichte bewahren konnte, macht ihn jedes Mal aufs Neue glücklich. „Ich find‘ das alte Zeug einfach schön“, sagt er und lässt den Blick schweifen. Das Museum besteht aus mehreren kleinen Räumen, vollgepackt mit „altem Zeug“. Eine Zeitreise durch die Einkaufs- und Werbekultur. Dabei war das so nie geplant.
Das Kleine Museum liegt in Hammelbach.
Und wird erst sichtbar, wenn Peter Heiß die Scheunentüren öffnet.
Mit Emaille-Schilder fing seine Sammelleidenschaft an.
Irgendwann richtete er einen alten Laden ein.
Er gestaltete ihn als Kolonialwarenladen.
Mit viel Liebe zum Detail.
Angefangen hat alles mit einem Emaille-Schild, irgendwann in den 1990ern. „Ich habe es auf einem Flohmarkt entdeckt. Eine Reklameschild für GEFAG-Scheuertücher.“ Peter Heiß deutet nach unten, auf eine Wand. „Das hier.“ Er hat es in seine Küche gehängt – und wollte mehr davon haben. „Damals waren die noch recht günstig – heute zahlt man für ein Original auch mal ein paar hundert oder sogar tausend Euro!“ Anfangs restaurierte Heiß auch einige Schilder. Heute macht er das nicht mehr. „Das gehört doch dazu, die Macken.“ Seitdem lässt er die abgeplatzten Ecken und Rostflecken ihre eigenen Geschichten erzählen.
Irgendwann kam eine Dose dazu, dann ein Päckchen und ein alter Schokoladenautomat. Das „alte Zeug“ nahm immer mehr Raum ein. Heiß ist in Hammelbach aufgewachsen. „Eigentlich wollte ich immer weg, in die Stadt, ins Ausland – aber irgendwie hat sich das nicht ergeben. Und jetzt häng‘ ich immer noch hier rum.“ Er lacht. Spannende Projekte findet er auch in Hammelbach genug – wie das alte Nachbarhaus, das er in ein Ferienhaus verwandelte. Auch das Fachwerkhaus, in dem die Familie heute lebt, hat er komplett selbst renoviert. Hier schuf er auch einen Platz für seine wachsende Sammlung. 2011 beschloss er, seine Sachen nicht mehr nur irgendwo zu lagern. Er richtete einen alten Laden ein, gestaltete ihn als Kolonialwarenladen aus der Kaiserzeit, und öffnete spontan bei Festen im Ort.
Das „Mini-Museum“ kam gut an. Immer mehr Besucher kamen, immer mehr Leute brachten alte Sachen vorbei – mit den Worten: „Du stehst doch auf so alten Kram.“ Dann kam die komplette, mintgrüne Ladeneinrichtung des Hammelbacher Dorfladens dazu. Und wieder wurde der Platz knapp.
Um den Laden möglichst originalgetreu zu zeigen, baute Peter Heiß 2013 die Scheune des Hauses um. Aus der ehemaligen Garage und der Werkstatt machte er neue Ausstellungsräume. Von außen sieht man davon erstmal nichts. Das Museum ist unauffällig, nur ein kleines Schild am Hauseingang kündigt es an. An der Scheunenwand hängen einige Emaille-Schilder neben einem Holztor. Doch wenn Peter Heiß die Flügeltüren öffnet, lädt er ein in eine andere Welt, in eine andere Zeit. Die Holztür dahinter knarzt leise beim Öffnen. Auf der rechten Seite warten Spazierstöcke, Mützen und Hüte auf Besitzer, die nicht mehr kommen werden. Die Wand daneben hängt voll mit Emaille-Schildern. Rüger-Schokolade, Persil, Knorr, Steckenpferd-Seife „für zarte weisse Haut“. Links steht der kleine Tresen einer Drogerie aus den 1920er Jahren, dahinter im Regal viele Flaschen und Fläschchen. Vorbei an einem kleinen Krämerladen aus der Wirtschaftswunderzeit geht es geradeaus in den Kolonialwarenladen und links um die Ecke in den Hammelbacher Edeka. Viele der Waren – wie das Dr. Oetker Puddingpulver oder die Gewürze – sind originalverpackt, einige Coca-Cola-Flaschen noch voll.
Einige Monate hat Heiß gebraucht, um alles einzurichten. Um es so aussehen zu lassen, als wäre gerade erst der letzte Besucher gegangen. Das Geld liegt noch auf der Theke. Natürlich immer das passende zur Epoche. Auch die Kassen, Waagen, Telefone und Radios sind originalgetreu. Alles hier erzählt Geschichten – vermutlich jedem Besucher andere. Von den Konsumgewohnheiten der Menschen im vergangenen Jahrhundert, ihrem Alltag und ihren Sehnsüchten. Auch auf den zweiten und dritten Blick können Besucher hier immer noch etwas Neues entdecken.
Das kleine Museum öffnet nur nach Anmeldung. Es sind ganz verschiedene Menschen, die hierher kommen. Schulklassen oder Wandergruppen, Mitarbeiter:innen auf Betriebsausflug oder auch mal Bewohner:innen eines Altenheims – die hier in bunten Erinnerungen baden können. Das Interesse ist da, die Ausstellungsstücke auch. „Ich könnte das Museum locker auf das Dreifache ausdehnen“, sagt Peter Heiß. In einer Scheune in Grasellenbach lagern noch so einige Schätze. Er sammelt zwar schon lange nicht mehr – aber immer wieder bringen ihm Menschen Dinge vorbei. Doch Peter Heiß will es nicht anders. Die Ausstellung soll persönlich bleiben, weiterhin Hobby und Leidenschaft sein. Sein Museum, es soll ein kleines bleiben.
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