Über 40 Jahre lang hat Dr. Ludwig von Heyl in Bobenheim-Roxheim Kartoffeln angebaut, heute setzt er sich woanders für die „Pälzer Grumbeer“ ein: als Chef des einzigen Kartoffelmuseums Deutschlands in Fußgönheim.
Ein kurzer Blick in das alte Holzregal und man weiß, was der Kartoffel alles blüht: eiserne Pressen, Stampfer, Reiben. Wenn sie nur könnten – diese alten Haushaltsgeräte im Kartoffelmuseum in Fußgönheim würden wilde Geschichten erzählen. Geschichten aus Zeiten, in denen die Kartoffel die Menschen in der Region vor dem Hungertod bewahren musste. „Als Landwirt bist du hier unweigerlich mit der Geschichte der Kartoffel verbunden“, sagt Ludwig von Heyl. Diese Verbundenheit hat er zu einer Herzensaufgabe gemacht – als Vorsitzender des Vereins „Deutsches Kartoffelmuseum“.
Das kleine Dorf mit dem imposanten Hallbergschen Schloss aus dem 18. Jahrhundert liegt westlich von Ludwigshafen im Rhein-Pfalz-Kreis. Trotz der Nähe zur Chemiestadt könnte der Kontrast kaum größer sein: der Ort mit rund 2500 Einwohnern ist von der Landwirtschaft geprägt, auf den umliegenden weitläufigen Felder spielt unter anderem die Kartoffel eine wichtige Rolle. In der ehemaligen Synagoge des Dorfes haben ihr die Vereinsmitglieder mit rund 1000 Ausstellungsstücken ein Denkmal gesetzt. Ludwig von Heyl schwärmt von dem Gebäude, von den hohen Decken, den Fenstern, den Wandbemalungen. Es gibt viel zu sehen im Ausstellungsraum: Informationstafeln, Vitrinen, und Schränke sind eng aneinandergereiht. Überall konservierte Kartoffeln, Küchengeräte, Kurioses.
Im Kartoffelmuseum erfährt man auch vom Migrationshintergrund der Kartoffel, die erst vor über 400 Jahren aus Peru nach Europa gekommen ist.
Die Kartoffel hatte es gar nicht einfach, wie der Blick in ein altes Buch verrät: „Kirchenfürsten bezeichneten sie als Teufelsfrucht, Ärzte äußerten Bedenken gegen ihren Verzehr und Bauern rechtfertigten ihre Abneigung mit dem Hinweis, dass rohe Kartoffeln sogar von Hunden verschmäht würden.“
So etwas will hier heute niemand mehr hören: Schließlich ist die Pfälzer „Grumbeere“ längst ein kulinarisches Kulturgut. Nach Angaben der Erzeugergemeinschaft ist die Pfalz das größte geschlossene Frühkartoffelanbaugebiet Deutschlands. Für den „Palatinator“, den pfälzischen Sprachartisten und Markenbotschafter Chako Habekost ist völlig klar: „Ob als Gebredelde oder Gequellde, ob als Stambes oder exodisch im Wok – Grumbeere aus de Palz sin immer debei, wenn’s um Genuss geht.“
Ludwig von Heyl hört genau hin, als Karl Freidel, die gute Seele des Kartoffelmuseums, erklärt, wie die historische Kartoffelschälmaschine funktioniert: eine Konstruktion mit vier Zahnrädern, die an der Tischplatte angeschraubt ist. Sie wirkt recht brachial im Vergleich zum Sparschäler von heute. „Alles hier kenne ich noch nicht“, räumt Ludwig von Heyl ein. Der 67-Jährige studierte Agraringenieurwesen an der TU München, später promovierte er in Landtechnik. Vier Jahrzehnte lang hat er seinen Familienbetrieb, den Nonnenhof in Bobenheim-Roxheim, geführt. Von Heyl muss nicht lang überlegen: 2000 Tonnen Kartoffeln baute er jedes Jahr an. Vier Jahrzehnte lang.
„Die Kartoffel wächst einfach so im Boden – da kannst Du als Landwirt gar nicht viel machen.“
Vor der Vitrine mit Mess- und Prüfgeräten schüttelt Ludwig von Heyl wissend den Kopf. „Es ist ein strenges Geschäft“, sagt er und erinnert sich an die vielen Zentner Kartoffeln, die er auf Qualität überprüfen lassen musste. Seit zwei Jahren muss er sich nun nicht mehr mit strengen Prüfern auseinandersetzen: Sein Sohn hat den Nonnenhof übernommen, baut heute Getreide an, auch Zuckerrüben, Karotten und Spinat. Aber: keine Kartoffeln. Blutet da das Herz des Museumschefs? Keineswegs, sagt der Vater. „Ich lasse ihm absolute Freiheit.“ Dass „der Alte“ noch zu lange reinrede, sei allzu oft der Fehler in Familienunternehmen.