Ganz friedlich liegt das römische Kastell in den ersten Strahlen der Morgensonne. Vom Wachtturm aus öffnet sich der Blick weit über das Kirnautal und die umgebenden Hügel hinaus. Eine sanfte Brise streichelt die Baumwipfel des Waldes, doch plötzlich lässt martialisches Geschrei die Luft erzittern – die Alamannen greifen an! Sie attackieren die wenigen römischen Einheiten, die hier im 3. Jahrhundert nach Christus noch die Grenzbefestigung des zusammenbrechenden Römischen Reiches schützen. Sie werden überrannt von den Horden und es ist das Ende einer langen und glanzvollen Geschichte dieses Außenpostens Roms – mitten im Odenwald.
„Für die Besucher unseres Römermuseums inszenieren wir Geschichte so lebendig wie möglich“, sagt Dr. Jörg Scheuerbrandt, Museumsleiter und Museumsbeauftragter des Neckar-Odenwald-Kreises, als er durch ein „Archaeoskop“-Fernrohr schaut, welches das historische Szenario digital erlebbar macht.
Der begehbare Turm-Nachbau im Maßstab 1:1 ist ein Highlight des Museums, etwa einen Kilometer südlich der Stadt weit sichtbar auf der Höhe gelegen. Die Rekonstruktion zeigt den Bauzustand der Grenzanlage im 3. Jahrhundert nach Christus und lädt zu einem Spaziergang zu einer abenteuerlichen Reise in die Vergangenheit ein. Ein Wachtturm und ein Stück der Limesmauer zeigen eindrucksvoll die letzte Ausbaustufe des Limes – vor fast 1800 Jahren.
Hier, im heutigen Neckar-Odenwald-Kreis, versuchten die Römer einst ihre Macht entlang des Limes zu sichern. Das Kastell Osterburken war ein römisches Militärlager, dessen Besatzung für Überwachungsaufgaben am sogenannten „Vorderen Limes“ des Obergermanisch-Rätischen Limes zuständig war. Heute ist dieAnlage im Verbund mit dem Römermuseum ein einmaliges historisches Ensemble.
Neben dem Kastell, das einst durch einen nachträglichen Anbau zum Doppelkastell wurde, sind die teilweise gut datierbaren Bauten und wertvollen Funde überregional bekannt geworden. „Wer hier im Boden gräbt, der stößt unweigerlich auf Überreste aus der Römerzeit“, weiß Jörg Scheuerbrandt. Osterburken gehört damit zu den wichtigsten archäologischen Orten an diesem Limesabschnitt. „Osterburken ist ein echter römischer Retortenort“, sagt der Museumsleiter, der sich pro Jahr über 16.000 Besucher in seinem 2006 eröffneten Museum freuen darf. „Wir wollen die römische Geschichte hier für alle Generationen erfahrbar machen“, erklärt der Archäologe. War er in der Schule eigentlich ein Lateinfan? „Nein“, lacht er, „das fand ich immer schrecklich. Aber von Asterix und der Geschichte der römischen Antike war ich schon immer fasziniert – und diese Liebe zur Geschichte möchte ich im Museum weitergeben.“