Alexander Fink brennt für Flammen – im wahrsten Sinne des Wortes. Einmal im Jahr ist der Stand des Ludwigshafener Glasbläsers die Attraktion beim Friesenheimer Weihnachtstreff.

Wenn das Gas rauscht und die Hitze immer stärker wird, öffnet sich in der kleinen Werkstatt von Alexander Fink eine große Welt. Kaum hat er sich eine Schutzbrille aufgesetzt, geht es langsam los. Unter der Flamme des Brenners formt und bläst er das Glas, macht aus ihm Christbaumspitzen, Weihnachtskugeln mit Löchern oder Fäden. Dazu kleine Figuren wie Eulen, Tannenbäume, Quallen, Elefanten oder Schildkröten. Er gibt Schnapsgläsern Gesichter oder feinen Grappagefäßen eine ungewöhnliche Form. 

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„Wenn ich an meiner Kunst arbeite, bin ich eigentlich im ständigen Widerspruch mit mir selbst“, sagt der Mann mit dem graumelierten Bürstenhaarschnitt gut gelaunt – denn im echten Leben ist für ihn absolute Präzision angesagt, wenn er Spezialanfertigungen für den Forschungsbereich eines Chemiekonzerns entwickelt. Doch hier, in seiner privaten Werkstatt, kann seine Fantasie auf Reisen gehen. Akkurat muss es für den Glasapparatebauer sein. Individuell für den Kunsthandwerker.

Nur wenige Quadratmeter misst sein privater Arbeitsplatz, den er sich mit einem Propangasbrenner, einem Ofen, einer Lüftung und einem Kompressor unter einem Carport neben seinem gemütlichen, blauen Häuschen eingerichtet hat. Dicht an dicht reihen sich in Friesenheim begrünte Innenhöfe und kleine Arbeiterhäuser wie das der Familie seiner Frau aus dem Jahr 1890 aneinander.

Ein Blick auf die blaue Fassade von der Straßenseite des Häuschens der Familie Fink.
Das kleine, blaue Häuschen der Familie Fink liegt im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim. Foto: Sebastian Weindel

Der Ebertpark, die Ebertsiedlung aus den 1920er Jahren und das ehemalige 50er-Jahre-Hallenbad Nord und das Freilandklassenzimmer der GML sind nicht weit. Die rauchenden Schlote der BASF auch nicht. In Ludwigshafen ist Alexander Fink seit seiner Ausbildung zuhause – dabei ist er in Essen aufgewachsen. „Mein Opa väterlicherseits hat als Bergbauingenieur auf einer Zeche im Ruhrgebiet gearbeitet.“ Der Großvater seiner Mutter wiederum stellte als Meister unter anderem filigrane Gewehrschäfte mit Intarsien oder Schnitzereien her. Fasziniert vom Handwerk war er schon als Kind. Und vom Feuer. 

Unsere Arbeit ist durch Maschinen oder Künstliche Intelligenz kaum zu ersetzen.

Finks Arbeitsplatz steckt voller Erinnerungsstücke wie Fotos, Kennzeichen liebgewonnener Gefährte, alte Werbeschilder oder das Kissen einer Eule – dem Wahrzeichen Friesenheims. Einen Ofen und eine Anrichte hat er mit Flammen bemalt. Langsam dreht er in der Hitze des Brenners ein Glasrohr mit geriffelter Struktur, bis es zu glühen beginnt. Er bewegt das Glas genau so, dass es sich in der bis zu 2300 Grad heißen Flamme möglichst gleichmäßig verformt und pustet dann vorsichtig hinein, bis sich das Glas zu einer Kugel formt. Zehn Minuten und mehrere Arbeitsschritte braucht es, bis der Weihnachtsschmuck fertig ist. Ein ständiger Prozess zwischen Erhitzen und Abkühlen, bei dem der Glasbläser die Spannung des Materials bedenken, viele Techniken beherrschen und viel Übung haben muss. Denn einen Schmelzpunkt wie Metall hat Glas nicht, dafür einen Schmelzbereich. 

Alexander Fink hat das Glasrohr, das eine Baumkugel werden soll, an den Mund gesetzt und bläst vorsichtig hinein. Foto: Sebastian Weindel
Alexander Fink hat das Glasrohr, das eine Baumkugel werden soll, an den Mund gesetzt und bläst vorsichtig hinein. Foto: Sebastian Weindel

Einmal im Jahr zeigt Alexander Fink sein Können beim Friesenheimer Weihnachtstreff wenige Gehminuten von seiner Werkstatt entfernt. An zwei Adventssonntagen entsteht ein hübscher, kleiner Markt auf dem Otto-Buckel-Platz gleich neben dem alten Friesenheimer Stadtteil-Rathaus, auf dem Vereine des Viertels wie der Ludwigshafener Murmelspielclub Kunsthandwerk und Kulinarisches anbieten. Dabei beantwortet er gerne Fragen der Besucher:Innen. Und engagiert sich auch sonst für seinen Beruf: Im Verband Deutscher Glasbläser, zu dem an die 500 Mitglieder auch aus den Niederlanden und Österreich gehören, ist er Teil des Beirats. Im Gesellen- und Meisterprüfungsausschuss nimmt er zweimal im Jahr praktische Prüfungen ab. Doch hat seine Zunft auch Zukunft? 

„Unser Berufsstand ist nicht sehr groß, aber es gibt verschiedenste Ausbildungsmöglichkeiten etwa zum Thermometerbläser, zum Glasapparatebauer oder Kunstglasbläser“, sagt Alexander Fink. Steigende Strom- und Materialpreise würden zwar dafür sorgen, dass tendenziell immer weniger Menschen in seinem Bereich arbeiten. „Aber unser Handwerk ist durch Maschinen oder Künstliche Intelligenz kaum zu ersetzen.“ Denn von der Stange sind seine Aufgaben genauso wenig wie die Produkte, die er aus verschiedenen Glasarten herstellt. Für sein Kunsthandwerk benutzt er Borosilikatglas, das er gut aus dem Apparatebau kennt und das sehr hitzefest ist. Sehr selten Weichglas, das sehr empfindlich wäre.

Auch Glasfiguren entstehen in der Ludwigshafener Werkstatt. Foto: Sebastian Weindel
Auch Glasfiguren entstehen in der Ludwigshafener Werkstatt. Foto: Sebastian Weindel

„Ich schätze, dass etwa 100 Menschen in Deutschland so arbeiten wie ich“, sagt Fink. Was er an seinem Alltag vor allem schätzt, ist die Vielseitigkeit, denn oft sind es sehr kleine Serien oder gar Prototypen, die er fertigt. Mal baue er doppelwandige Gefäße, dann speziell isolierte Kolonnen, die auf der ganzen Welt eingesetzt werden. „Das Glas ist zwar spröde und verzeiht keine Fehler. Aber es hat auch sehr viele Vorteile“ – nicht zuletzt, weil es gerade im Chemiebereich beständig gegen Laugen und Säuren ist. Und immer wieder anders formbar, eine große Flexibilität hat, die er auch für seine Kunst braucht. Damit die großen Ideen schon mal auf Reisen gehen. In einer kleinen Werkstatt in Ludwigshafen. 

Der Friesenheimer Weihnachtstreff findet am ersten und zweiten Adventssonntag, 30. November und 7. Dezember 2025, von 14 bis 21 Uhr auf dem Otto-Buckel-Platz in Ludwigshafen statt.

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