Dietmar Schuth hat seine Doktorarbeit, aber auch ein Lexikon über die Farbe Blau geschrieben und sich einen Traum erfüllt: mit einem privaten Museum in Schwetzingen, das sich ausschließlich der Lieblingsfarbe der meisten Menschen widmet. Eingerichtet mit viel Handarbeit und Humor.
Wir sind blau, machen blau, versprechen es uns vom Himmel oder fahren hinein. Wir erleben Wunder und Stunden, bewundern Reiter und Blumen. Doch – warum eigentlich? Warum fasziniert uns die Farbe so, dass die meisten Menschen dieser Welt Blau als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen? Und das, obwohl es in vielen Sprachen lange gar kein Wort für die Farbe gab und sie früher so teuer war, dass Maler bei Auftraggebern regelrecht um ein „Blau-Budget“ bettelten?
Dietmar Schuth kennt die Antworten. Er hat sie in seiner Doktorarbeit erforscht, sie dann auf 500 Seiten in einem Lexikon niedergeschrieben und sie schließlich in ein altes Biedermeier-Fachwerkhaus in Schwetzingen gepackt, mit azurblauen Fensterläden und ultramarinblauem Holztor. Kaum fällt dieses Tor scheppernd ins Schloss, sind Besucher von Blau umgeben. Die Wände, die Türen, die Empfangstheke. Die Hortensien im Hof, die Stufen der Treppe in den ersten Stock, sogar Wasserschlauch, Gießkanne und Putzeimer: alles Blau. Und dennoch sieht sich das Auge nicht satt. Schuth verfolgt den Blick der Besucher, schmunzelt kurz und sagt: „In Rot hätte ich das Museum bestimmt nicht gemacht.“
Alles begann 1990 mit der Ausstellung „Blau – Farbe der Ferne“ im Heidelberger Kunstverein. Schuth hatte gerade seinen Magister in Kunstgeschichte fertig und sammelte bei Direktor Hans Gercke erste Berufserfahrungen. Über 120.000 Besucher zog die Ausstellung damals an – „irre viel“, wie Schuth heute noch sagt. Auch er war fasziniert. Weniger von der Farbe selbst, zu der er nur sagt, dass sie ihm „sehr sympathisch“ sei. Er wollte mehr von den Geschichten wissen, die hinter der Farbe, ihrer Herstellung und ihrer Verwendung stecken. „Ich wollte da System reinbringen und habe festgestellt, dass das bisher niemand gemacht hat.“ Vermutlich, mutmaßt der Kunsthistoriker, da jeder Wissenschaftler dabei schnell sein angestammtes Gebiet verlassen muss. Doch genau das reizte ihn. Er beschäftigte sich fortan mit Psychologie und Biologie, mit Optik und Linguistik, mit chemischen und physiologischen Prozessen. Das Blau machte ihn zum Experten auf vielen Gebieten, aber auch zum Handwerker, zum Forscher und Produktentwickler – etwa der Badewasserfarben „Tinti“, mit denen Kinder ganze Wannenladungen in farbige Schaumberge verwandeln können.