Die Milchstraße zählt rund 200 Milliarden Sterne, die Südliche Weinstraße exakt 44. In Hochstadt bei Landau steht jeder Stern für die Zutat eines Getränkes, das im Herzen des Weinbaugebiets noch klar zu den Exoten gehört: dem Pfälzer Gin.
Samstagvormittags brummt es in der Pfalz. Auf der Suche nach feinen Tropfen drängen Besucher aus der gesamten Region in die kleinen Weindörfer. Mancher steuert sein Ziel direkt an, andere lassen sich von den reich mit Reben verzierten Namensschildern locken, die an den Fassaden prangen. „Darf ich Ihnen was zum Probieren anbieten? Vielleicht einen St. Laurent? Ein würziger Roter, der nach Kirsche und Cassis duftet, mit schönen Noten von Schokolade und Eichenholz.“ Dominic Stern ist Routinier, wenn es darum geht die Weine aus dem eigenen Anbau zu beschreiben. Kein Wunder – denn schon im Alter von 19 Jahren ist der heute 35-Jährige in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters getreten und ist in den elterlichen Betrieb miteingestiegen.
„Die Qualität der Weine aus unserer Region hat in den letzten Jahrzehnten einen enormen Schub erfahren. Mein Opa war früher Holzküfer; er baute Fässer und Bütten für Winzerkollegen. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen.“ Dominic kennt sie, die Geschichten von damals, aus der Zeit als Pfälzer Weine noch nicht mit internationalen Preis-Medaillen überhäuft wurden. „Pfälzer Riesling hat mittlerweile auch international einen hervorragenden Ruf. Mein Ziel ist es, dass wir das Gleiche auch mit unseren Rotweinen schaffen. Mit meinen Winzerfreunden bin ich viel unterwegs, mal in Spanien, oft in Frankreich, zuletzt in Ungarn. Wir besuchen Weingüter und tauschen uns mit den Kollegen aus. Die sind oft überrascht, wenn sie hören, dass ich hier einen besonderen Akzent auf meine Roten lege. Klar gibt’s noch Luft nach oben, aber mit einigen der Etablierten können wir schon heute mithalten.“
Noch erstaunter reagieren ausländische Winzerkollegen, wenn Dominic eine glasklare, farblose Halbliter-Flasche aus dem Reisegepäck zieht: den 44 Star Gin. „Gin ist ein echter Hype. Jeden Monat kommen neue Sorten auf den Markt und schon lange versuchen sich auch deutsche Destillerienauf dem Gebiet. Bei uns in der Pfalz war ich 2014 noch einer der Ersten, die sich an das Thema gewagt haben.“
Die Rot- und Weißweinflaschen sind vom Tresen verschwunden. Stattdessen stehen nun zwei mit Eiswürfeln gefüllte Gläser auf der Bar. Geschickt löst Dominic Stern mit dem Schälmesser einige Zitronenzesten und verwandelt sich vom Winzer in einen versierten Bartender. Fünf Zentiliter gießt er ins Glas, gibt Zitronenschalen hinzu, verrührt fachmännisch und füllt aus einer kleinen Dose spanisches Tonic Water auf. Fast scheint als seien Sterns Gäste aus dem beschaulichen Hochstadt in eine urbane Kreuzberger Szene-Bar gebeamt worden.