Es gibt Adelige, die laden Fernsehteams in ihre Gemächer oder Hochzeitsgesellschaften an die Tische ihrer Vorfahren. Louis von Adelsheim tut das nicht. Er verwandelt seine beiden Schlösser und seinen Park gerne zu riesigen Projektionsflächen – und ließ nun zum zehnten mal die Kleinstadt Adelsheim als großes Gesamtkunstwerk leuchten.
Das Zentrum der Welt liegt am Toto-Lotto-Laden. Es ist bunt, es blinkt und es sieht aus wie das berühmte Banner am New Yorker Times Square. Das ist es auch. Aber was hat zwischen den Leuchtreklamen japanischer Elektronikmarken ein Eisenwarengeschäft aus dem Odenwald zu suchen? Louis von Adelsheim hat es in seine Videoprojektion hineinmontiert und der globalisierten Werbung einen badischen Anstrich gegeben. Im August verwandelte verwandelt er die Kleinstadt wieder in ein erstaunliches Gesamtkunstwerk – einschließlich Kirchen, Schlösser und Läden.
„Mit ‚Adelsheim leuchtet‘ simulieren wir eine Großstadt – mitten im Odenwald“
„Adelsheim leuchtet“ ist keine Marketingaktion, auch wenn die Veranstaltung jährlich bis zu 5.000 Besucher in den Ort bei Heilbronn zieht. Keine Agentur hat das Konzept erdacht, sondern der Baron, und die ganze Stadt macht mit: Geschäftsleute dekorieren ihre Schaufenster um, Anwohner bewirten ehrenamtlich die Gäste, der Bauhof dimmt seine Straßenlaternen herunter, Beamer leuchten aus Badezimmerfenstern.
Trotz eines Zuschusses aus dem Innovationsfonds Kunst des Landes trägt sich die Aktion durch den Kartenverkauf – und das Engagement der Bürger.Auf der Fassade der evangelischen Stadtkirche wandern Brot, Wein und Fische auf einem Fließband umher, während am Unterschloss die Schlote einer Raffinerie dampfen. „Wir simulieren eine Großstadt“, sagt Louis von Adelsheim und lächelt süffisant. Natürlich, weil der Ort mit seinen knapp 5500 Einwohnern alles andere als eine Metropole ist – aber auch, weil das diesjährige Motto „Zentrum der Welt“ hieß: Der Videokünstler hat Bilder aus New York mitgebracht, das sich ja gern als Mittelpunkt der Erde sieht. Aber er ließ seine Besucher auch in die brodelnden Massen der Ursuppe schauen (in einem eigens dafür ausgehobenen Loch) oder eine Drohne durch Adelsheim fliegen.