Nicht nur zum größten Weinfest der Welt, sondern das ganze Jahr über lockt der Wein die Menschen ins pfälzische Bad Dürkheim. Eine beachtliche Menge des Lockstoffs stammt aus einem „Familienbetrieb“ der besonderen Art – dem Weinbau des Vereins Lebenshilfe.
Ganz schön gewachsen ist er in den letzten 30 Jahren. Nein, nicht Winzermeister Jan Hock, sondern der Weinberg der Lebenshilfe Bad Dürkheim. Gerade mal zwei Hektar standen dem Verein zur Verfügung, als in den 1980er Jahren mit dem Weinbau ein einzigartiges Experiment begann: Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zu bieten aktiv am Arbeitsleben teilzunehmen – als Winzer in einem Weinbergsareal, das heute bereits 25 Hektar umfasst.
Bad Dürkheim, morgens kurz nach sieben: Mehrere Kleinbusse biegen in den Feldweg in Richtung der alten Dürkheimer Sägmühle ab, vorbei an dem hohen Siloturm, der leuchtendblau in den pfälzischen Himmel ragt. Hier ist jeden Morgen der Treffpunkt gut gelaunter Weinbauern, die täglich eine weite Strecke hierher zurücklegen. Sie kommen aus Ludwigshafen, aus Eisenberg oder aus Bad Bergzabern, wohnen dort bei ihren Familien, in integrativen Wohnprojekten oder in Wohngemeinschaften. Mit Unterstützung des Teams von Jan Hock sind sie wichtiger Teil eines Winzerbetriebs, der im Jahr bis zu 120.000 Flaschen Wein produziert – und inzwischen sogar international reißenden Absatz findet.
Jan Hock mag es, sich mit den Kunden auf dem kleinen aber feinen Biomarkt zu treffen, den die Lebenshilfe hier betreibt, um Produkte aus eigener Herstellung anzubieten. Der gebürtige Deidesheimer ist Anfang 30 und kennt den Betrieb der Lebenshilfe doch schon seit gut über einem Jahrzehnt. „Nach dem Schulabschluss habe ich hier in der Abteilung Weinbau meinen Zivildienst geleistet. Jeden Tag früh morgens raus und im Betrieb kräftig mit anpacken – dank des Teamgeists hat mich das nicht abgeschreckt, sondern begeistert.“