Wussten Sie, dass das bundesweit einzige noch kommunale Pfandhaus…

Leihamt Mannheim

in Mannheim existiert?

Folgerichtig trägt die Anstalt des öffentlichen Rechts den Namen „Leihamt“ – und das bereits seit über 200 Jahren. Von allen ehemals vorhandenen öffentlichen Pfandleihhäusern in Deutschland ist nur noch das in Mannheim übriggeblieben.

Der Unterschied zwischen dem Leihamt und privaten Pfandhäusern liegt in der Bestimmung: Ein öffentliches Pfandhaus dient nicht der Gewinnerzielung, sondern einem öffentlichen Zweck. So steht in der Satzung: „Das Städtische Leihamt ergänzt die Tätigkeit des Sozialhilfeträgers durch die Unterstützung Dritter, vornehmlich sozial Bedürftiger, bei der Überwindung eines Liquiditätsengpasses. Es gewährt durch Faustpfand gesicherte Darlehen.“ Genau aus diesem Grund fließen die Überschüsse, die das Leihamt mit Pfandkrediten sowie dem An- und Verkauf von Gold und Silber erwirtschaftet, dem Sozialhaushalt der Stadt Mannheim zu.

Diese bundesweit einzigartige Konstellation hat auch innerbetriebliche Folgen. Denn im Gegensatz zu privaten Pfandhäusern sind die Angestellten nicht verpflichtet, profitorientiert zu handeln. Nicht jedes Gespräch muss zum Abschluss führen, weil damit zum Beispiel eine Provision verbunden ist. Die Wertschätzung der Leihamt-Mitarbeiter:innen ihrer Kundschaft gegenüber ist stets gleich – egal, ob es sich nun um ein Feuerzeug für 5 Euro oder eine Luxusuhr für 50.000 Euro handelt.

In Mannheim seit 1809

Gegründet wurde das „Städtische Leihhaus“ 1809 mit Genehmigung des Großherzogs Carl Friedrich von Baden. Die Zeit dafür war reif, denn die 1806 von Napoleon verhängte Kontinentalsperre – eine Wirtschaftsblockade über das Vereinigte Königreich – brachte eine allgemeine Depression mit sich. Ein halbes Jahrhundert vorher war unter der Herrschaft von Kurfürst Karl Theodor das „Pfandamtsprojekt“ eines gewissen Sebastian Hueber im Sand verlaufen. Pikanterweise musste 1798 der zu dem Zeitpunkt bereits nach München umgezogene Karl Theodor auf seine alten Tage den kurpfälzischen Hausschatz für 250.000 Gulden beim Münchener Pfandamt versetzen – und zwar, um seine pfälzischen Beamten bezahlen zu können.

Schnell, unbürokratisch und diskret Geld

Damals wie heute unterstützt das Leihamt die Bürger:innen der Metropolregion Rhein-Neckar dabei, einen kurzfristigen finanziellen Engpass zu überwinden. Anders gesagt: Beim Leihamt gibt es schnell, unbürokratisch und diskret Geld – ohne Prüfung der Bonität und ohne peinliche Fragen. Denn für das Darlehen haften nicht die Kund:innen persönlich, sondern einzig und allein das Pfand. Juristisch nennt sich das Sachhaftung und genau diese unterscheidet den Pfandkredit vom Bankkredit.

Zudem ist der Ablauf denkbar einfach: Die Kund:innen legen den Schätzer:innen des Leihamts einen Gegenstand (Pfand) zur Beleihung vor. Diese bewerten das Pfand und ermitteln die Höhe des Pfandkredits. Sind beide Parteien einverstanden, wird ein Pfandvertrag geschlossen. Das Geld wird an der Kasse ausgezahlt oder auf ein vereinbartes Konto überwiesen. Die Kund:innen haben fünf Monate Zeit, das Pfand wieder auszulösen. Können sie die bis dann aufgelaufenen Kosten, also die Summe des Darlehens plus die vereinbarten Zinsen und Gebühren, nicht aufbringen, wandert der Wertgegenstand in der Regel in die Versteigerung. Übersteigt der dort erzielte Preis die Darlehenssumme, steht dieser sogenannte Übererlös den Kund:innen zu.

Um sicherzustellen, dass das Leihamt die Darlehenssumme so kalkuliert, dass bei einer etwaigen Versteigerung kein Verlust zu befürchten ist, arbeiten dort hochqualifizierte Schätzer:innen, die eine Ausbildung im Goldschmiedehandwerk oder der Gemmologie, also Edelsteinkunde, haben. Bei der Ermittlung eines fairen Beleihwerts von selteneren Pfändern wie Musikinstrumenten, Steiff-Tieren oder Käthe-Kruse-Puppen recherchieren sie Verkaufspreise, die für ähnliche Stücke bereits erzielt wurden.

Seismograf für Wirtschaft und Gesellschaft

Die Schätzer:innen nehmen sich Zeit für Beratungsgespräche, um eine vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Gegenüber aufzubauen. Ein überwiegender Teil der Kundschaft, die weitestgehend aus der Metropolregion Rhein-Neckar kommt, besteht deshalb aus Stammkund:innen. Durch diesen engen Kontakt ist das Leihamt ein Seismograf für Wirtschaft und Gesellschaft. Das spiegelt sich beispielsweise in den Pfändern. Während sich in der Vorkriegszeit die Kleiderbügel unter Textilien bogen, wurden in den Fünfziger- und Sechzigerjahren vor allem Radios, Schuhe und Streichinstrumente versetzt. Heute besteht das Gros der beliehenen Sachgegenstände aus Edelmetallen wie bankhandelsfähigem Gold und Silber sowie aus Diamanten und anderen Edelsteinen, echtem Schmuck oder Armband- und Taschenuhren.

Seismografisch erfasst das Leihamt aber auch, wie die Bevölkerung sich in Krisensituationen verhält. In der Coronapandemie zum Beispiel zeigte sich im Frühjahr 2020 ein scheinbar widersprüchliches Bild. Denn viele Kund:innen lösten ihre Wertsachen aus. Warum das? Ganz einfach: Sie wollten ihre Preziosen nah bei sich haben für den Fall, dass sich die Krise noch weiter verschärft. Andere Kund:innen hingegen nahmen den hohen Goldpreis als Anreiz, alte Schmuckstücke zu verkaufen. Es zeigte sich: Das Leihamt ist direkt am Puls der Bevölkerung. Und das galt 1809 und gilt immer noch heute.

www.das-leihamt.de

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