Andreas StanitaJulian Beekmann & AS Sportfoto / Binder

Unser Mann auf dem Eis

Nach seiner Pfeife tanzen Tiger, Panther, Eisbären – und Adler. Als Schiedsrichter in der Deutschen Eishockey Liga macht Marcus Brill einen Knochenjob und reist von Arena zu Arena. Ein Spiel in der Mannheimer SAP Arena ist für ihn ein Heimspiel und deshalb etwas ganz Besonderes. Nur eine halbe Stunde entfernt liegt seine Wahlheimat Bad Dürkheim. Dort ist er Tourismusmanager – ein weiterer Knochenjob, der vollen Einsatz verlangt.

Die Fankurve tobt. Brüllender Lärm, rhythmisches Stampfen, frenetisches Klatschen – der ganz normale Mannheimer Wahnsinn beim Einlauf der Eis-Gladiatoren in die Arena. Die Visiere vors Gesicht geklappt und die Körper in wuchtige Protektoren gehüllt, gleiten die Adler aufs Eis. Trotz bitterer Kälte scheint die Luft zu knistern. Bully – das ist der Moment, in dem der Schiedsrichter den Puck aufs harte Weiß fallen lässt. Sekunden später klirren die Schläger wie Schwerter und Marcus Brill gleitet für dreimal 20 Minuten durch das Auge des Orkans. Um ihn herum tausende Fans, die ihn schon mal gnadenlos auspfeifen – egal, was er pfeift.

Immer mit Mittelpunkt: DEL-Schiedsrichter und Tourismusmanager Marcus Brill

„Warum ich mir das antue?“ Marcus Brill lacht. „Weil ich Eishockey liebe. Das ist meine Leidenschaft.“ Man könnte aber auch sagen: Seine Bestimmung. Schon Marcus Brills Vater war jahrzehntelang Schiedsrichter und ist fraglos der Grund, warum der Sohn den gleichen Weg gegangen ist. „Als kleiner Junge stand ich oft am Spielfeldrand und habe meinem Vater zugesehen“, erzählt Marcus Brill. „Nach den Spielen haben wir seine Entscheidungen immer lange und kontrovers diskutiert. Eines Tages sagte er zu mir: Weißt du was, dann mach’s halt besser! Das habe ich nicht auf mir sitzen lassen. Später haben wir gemeinsam Partien gepfiffen. Ich habe eine Menge von ihm gelernt.“

Spielerehrung vor dem Fanblock der Mannheimer Adler.

Über tausendfünfhundert Ligaspiele hat Marcus Brill schon gepfiffen – und rund fünfzig Länderspiele. Als einer der deutschen Topschiedsrichter hat er die halbe Welt bereist. Ob Korea oder Russland – kaum ein Winkel der Erde, an dem er nicht schon für seine Leidenschaft Eishockey unterwegs war. Obwohl man es bei dem Aufwand kaum glauben mag: anders als im Fußball ist es für Eishockey-Schiedsrichter quasi unmöglich, den Lebensunterhalt mit den schmalen Gagen zu bestreiten. „Wir machen das alle aus Passion. Zweimal die Woche volle zwei Stunden auf dem Eis, das ist ein Knochenjob neben dem Hauptberuf“.

Marcus Brills Hauptberuf ist geprägt von seiner anderen Leidenschaft – der für die Kurstadt Bad Dürkheim in der Pfalz. Nach dem Abitur zog es den geborenen Westpfälzer zum Studium nach Kaiserslautern. Eher durch Zufall landete der junge Stadtentwickler in Bad Dürkheim, wo er bei der Wirtschaftsförderung einsteigt, um das Thema Tourismus zu fördern. „Wenn ich erzähle, dass ich in der Tourismusbehörde für Großveranstaltungen zuständig bin, denken viele meine Hauptaufgabe sei es, mit dem Dubbeglas auf dem ‚Derkemer Worschtmarkt’ rumzustehen. Ganz so einfach ist es aber nicht“, weiß Marcus Brill. Mit seinem Team von sechzehn Mitarbeitern sorgt er für die Organisation und den geregelten Ablauf des Megaspektakels, zu dem jedes Jahr im September Schausteller aus ganzen Europa anreisen. Der Dürkheimer Wurstmarkt ist das größte Weinfest der Welt und lockt jedes Jahr mehr als 650.000 Menschen in die pfälzische Stadt mit ihren gerade mal 19.000 Einwohnern. „Der ist eines der wirtschaftlichsten Volksfeste Deutschlands. Hinter dem Erfolg stehen vor allem die Dürkheimer Winzer, mit denen wir sehr eng zusammenarbeiten. Das ist ein ganz besonderer Schlag Mensch. Die junge Generation, die gerade das Ruder in den Familienbetrieben übernimmt, gibt der Qualität der Weine einen zusätzlichen Push. Das sind top ausgebildete, hochmotivierte Leute, die auch in Sachen Marketing neue Wege gehen. Und es macht großen Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten.“

Die Zuschauer kommen wegen des Spiels, die Touristen wegen der Events.

Marcus Brill

Ein eindrucksvolles Beispiel für diese neuen Kooperationen ist der Erfolg der Bad Dürkheimer Wein-Nächte. Anfang März laden die Winzer und Winzergenossenschaften zur größten Open-Air-Weinprobe der Pfalz. Marcus Brill und sein Team illuminieren die Weinberge mit Lasern und Skybeamern und rücken so das wichtigste Pfälzer Kulturgut ins rechte Licht. Bis zu 20.000 weinbegeisterte Besucher strömen in diesen Nächten in die Weinberge.

„Der Tourismus bringt Lebensqualität für alle. Als ich mit der Tätigkeit hier begonnen habe, war es eines unserer Hauptziele den Leerstand im Einzelhandel zu bekämpfen. Mittlerweile ist Bad Dürkheim für viele internationale Handelsketten der kleinste Standort Deutschlands. Mit 600.000 Übernachtungen und mehreren Millionen Tagesgästen pro Tag sind wir heute auch für die Großen interessant. Bei uns kommen rund 120 Gastronomen auf 19.000 Einwohner und allen geht es gut. Das muss uns erstmal einer nachmachen.“

Vormachen kann man Marcus Brill wenig – vor allem nicht auf dem Eis der Mannheimer SAP Arena. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 2005 ist sie die Heimat des siebenfachen deutschen Eishockeymeisters Adler Mannheim. Zu Spitzenspielen strömen mehr als dreizehntausend Fans zu den Heimspielen des Traditionsvereins – und selbst einen Routinier wie Marcus Brill sind die Einsätze in seiner „Heimat-Arena“ etwas Besonders. An diesen Tagen fokussiert sich alles um das rasend schnelle Spiel auf der 60 x 30 Meter großen Eisfläche. Hier, im Auge des Orkans, wo die besten Spieler aufeinanderprallen, ist es die Aufgabe von DEL-Schiedsrichter Marcus Brill, für einen geordneten Spielablauf zu sorgen.  Die Emotionen kochen im Eishockey schnell hoch und als Schiedsrichter muss man nicht selten Prügeleien schlichten und darf sich selbst keine Schwäche erlauben. Ein höllisch anstrengender Job, den Marcus Brill aber liebt – weil er ihm Kraft gibt für die täglichen Herausforderungen im ebenfalls harten Tourismusgeschäft.

Daniel Sparre (Mannheimer Adler) gegen Torsten Ankert (Grizzlys Wolfsburg)

Im „Kampf“ um die Gunst der Touristen und wachsende Übernachtungszahlen, ist Bad Dürkheim inzwischen bestens aufgestellt. Zentral und strategisch perfekt am Haardtrand gelegen, um von hier aus die Pfalz auf zahlreichen Wander- und Bike-Routen zu erkunden, hat Bad Dürkheim neben dem Wurstmarkt noch mehr zu bieten: einen exzellenten Kurbetrieb samt Kurpark, die erst kürzlich umfassend restaurierte historische Saline, eine Spielbank und vielfältige Gastronomie. Doch das alles ist für Marcus Brill noch kein Grund, sich zurückzulehnen, ganz im Gegenteil. „Wir denken ständig darüber nach, wie wir unsere Stadt noch attraktiver machen können. Ein toller Erfolg ist, dass SWR 3 seit 2016 mit seinem Comedy Festival bei uns gastiert. Vom 26. bis 28. April treten auf insgesamt fünf Bühnen alle Comedians auf, die Deutschland Rang und Namen haben. Und natürlich kommen auch da ausschließlich Dürkheimer Weine ins Glas – Ehrensache.“

Eishockeyspieler

In Bad Dürkheim ist viel Neues im Gange, das ist nicht zu übersehen. Ob es nun der neue Weihnachtsmarkt ist, der 2016 zum ersten Mal durchstartete, Die Modernisierung der Brunnenhalle oder der geplante Neubau einer Therme, der bis 2021 abgeschlossen sein soll – immer haben Marcus Brill und sein Team die Finger mit im Spiel. Stellt sich die Frage, wie die beiden so unterschiedlichen Fulltime-Jobs zusammenpassen. Gibt es Gemeinsamkeiten? „Für mich gibt es eine ganze Reihe an Parallelen. In beiden Funktionen stehe ich nicht im Mittelpunkt. Die Zuschauer kommen wegen des Spiels, die Touristen wegen der Events. Meine Aufgabe ist es, den passenden Rahmen vorzugeben und für ein sauberes Spiel zu sorgen. Im Sport kommt es wie auch bei den Großveranstaltungen vor allem auf die Vorbereitung an, die muss sitzen. Beides ist eine Gratwanderung zwischen Emotion und Rationalität. Viele kleine Details fügen sich zu einem großen Gesamtbild. Aber das Schönste bei beidem ist es, ein Teil davon sein zu dürfen.“

Mittlerweile hat Marcus Brill auch seine Familie von der Schönheit und dem Facettenreichtum der Pfalz überzeugt. Zuhause in Contwig ist er nur noch selten, viel häufiger kommt die Familie inzwischen nach Bad Dürkheim. Und auch so geht gelungenes Stadtmarketing.


www.adler-mannheim.de

www.bad-duerkheim.de

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