In Ruppertsberg, mitten in der Weinhochburg Pfalz, bauen Jessica Schönfeld und Christian Weiß in naturnaher Feldwirtschaft Kräuter an, um daraus Tee zu machen. Eine Geschichte von harter Arbeit, die sehr gut riecht und noch besser schmeckt.

Pfefferminzduft liegt in der Luft. Wabert sanft über dem grasgrün lackierten Kräuterschneider, lauert intensiv hinter der Holztür zur Trockenkammer. Darin verbirgt sich ein Fest für die Sinne: der Geruch, das Rascheln getrockneter Blätter, ihr matter Grünton. Christian Weiß hat den Trockner, eine Art großen Holzverschlag mit Umluftverfahren, selbst gebaut – und die Kräuter auf dem Feld bei Ruppertsberg in der Pfalz angebaut und geerntet.

Teekräuter hegäuft in Handflächen

Gemeinsam mit seiner Frau Jessica betreibt Christian Weiß das nach ihrem Familiennamen benannte Unternehmen: „Schönfeld – die Tee-Gärtner“. 2015 sind die beiden in das malerische pfälzische Dorf gezogen. Er stammt aus der Nähe von Köln, sie aus Leipzig. Kennen und lieben lernten sie sich im hessischen Geisenheim, wo Jessica Internationale Weinwirtschaft studierte und Christian Getränketechnologie. Zuvor hatte er als selbstständiger Landschaftsgärtner gearbeitet. Seiner Familie gehörte zwar eine Zierpflanzengärtnerei. „Doch bei mehr als 40 Grad im Gewächshaus zu arbeiten – das war nichts für mich.“ Er suchte stattdessen „nach einer Eintrittsmöglichkeit in die Landwirtschaft, nach einer Nische“. Mit dem Tee hat er sie gefunden.

Teegarten Feld

Inzwischen wachsen auf einem guten Hektar Land in und um Ruppertsberg die Schönfeld-Kräuter – mehr als 30 verschiedene Sorten, darunter für Deutschland seltene wie Zitronenverbene, Zitronengras oder Süßholz. „Bloody Hell“ heißt etwa einer ihrer Tees – versehen mit Chili und einer „Obacht“-Warnung. Einen anderen nennen sie „Casanova“. Er soll mit Zitronengras, Thymian und Oregano „schmecken wie der Sommer“. „Made with love in Germany“ lautet der Slogan: Von der Aussaat über die Ernte bis zur Abfüllung – Christian Weiß und Jessica Schönfeld, die in Teilzeit bei einem Weingut arbeitet, machen (bislang) alles selbst.

Je nach Sorte sind die Kräuter nach 9 bis 18 Stunden bei maximal 34 Grad in der Kammer trocken für die weitere Verarbeitung. Bei der Pfefferminze müssen nun die Blätter von den Stengeln abgeknickt und voneinander getrennt werden. Dafür hat Christian Weiß eine Rebelmaschine umgebaut. Sie funktioniert wie ein Entrapper, der im Weinbau die Trauben vom Gerüst entfernt. Anschließend kommen die Kräuter in einen sogenannten Zick-Zack-Sichter, eine für den Laien abenteuerliche Maschine mit dicken Schläuchen und einem durchsichtigen Kunststofftrichter. Darin tanzen die Pfefferminzblätter. Über ein Umluftverfahren trennt die Maschine die Stengel von den Blättern. Von dort werden sie, ihrer Größe entsprechend, über zwei übereinanderliegende, lautstark rüttelnde Siebe in die richtigen Lager-Behälter sortiert.

Die Maschinen stehen zwischen alten Mauern: Das Paar hat für die Produktion einen kleinen, seit vielen Jahren leerstehenden Hof im Ortskern gekauft. Noch ist hier einiges zu tun – aber es braucht nicht viel Fantasie, um zu erahnen, wie schön dieser Ort einmal war und wieder werden wird. Zumal Christian Weiß schon als Teegärtner viel handwerkliches Geschick beweist: Er arbeitet ausschließlich alte Geräte auf oder tüftelt neue Maschinen selbst zusammen – sogar den aufwendigen Zick-Zack-Sichter. Und er genießt die Arbeit auf dem Feld, erntet früh am Tag, „wenn das Aroma am besten und die Pflanze noch nicht schlapp von der Sonne ist“. In der Regel mithilfe einer kleinen Erntemaschine, manchmal mit der Hand. Etwa in dem herrlichen Kornblumenfeld, einem Meer aus blauen, rosa und tiefdunklen, lila Blüten.

Oregano mit „ordentlich Wumms“

Christian Weiß und Jessica Schönfeld schnallen sich Körbe um und pflücken die Köpfe ab – die bunten Blütenteile machen nach der Trocknung nicht nur geschmacklich, sondern auch optisch einiges her zwischen den grünen Kräutern. Auf einem weiteren Acker, den die beiden gepachtet haben, blüht gerade der Thymian lila. Daneben wächst Oregano, der „ordentlich Wumms hat“, wie es Christian Weiß ausdrückt. Tatsächlich schmeckt er auffällig scharf. Wer an den Führungen teilnimmt, die die Tee-Gärtner anbieten, darf fühlen, riechen und probieren: etwa die verschiedenen Salbeisorten. Sein „Liebling“ ist der Marzipansalbei. „Das ist zwar eine Diva, der Ertrag vergleichsweise gering – aber der Tee ist wirklich großartig“, schwärmt er. Die Pflanze schmecke allerdings nicht unbedingt nach Marzipan. „Sie hat aber eine gewisse natürliche Süße.“

Wer an einer Führung der Tee-Gärtner teilnimmt, kann über 30 verschiedene Kräutersorten fühlen, riechen und probieren.

Christian Weiß will auch an diesem Abend noch einmal raus aufs Feld. Dabei ist er schon früh morgens „auf den Knien über den Acker gerobbt“, um Beikraut zu entfernen. Das Paar bewirtschaftet seine Felder nahezu ausschließlich ökologisch. „Der Regen ist eben nicht nur unseren Kräutern zugutegekommen“, sagt er. Auch das Unkraut ist in die Höhe geschossen.

Jessica Schönfeld genießt die Arbeit auf dem Feld – kann in diesem Jahr jedoch nicht mit voller Kraft mit anpacken. Auch wenn Sohn Thor Alexander hier gerade friedlich schläft.

Jessica Schönfeld fällt es schwer zu akzeptieren, dass sie jetzt – zum Saisonhöhepunkt – nicht wirklich mithelfen kann draußen auf den Feldern: Thor Alexander, der Sohn des Paars, schläft gerade im Tragetuch. „Wir sind eigentlich beide Macher. Ich kann die Füße kaum stillhalten“, sagt Jessica Schönfeld. Sie teilt die Leidenschaft ihres Partners für den Tee: „Weil er so facettenreich und die Bandbreite des Geschmacks riesig ist. Man verbindet Tee immer mit etwas Schönem, etwas Gemütlichem.“ Für jede Situation, findet sie, gibt es die passende Sorte. Schön, wenn diese auch noch vor der Haustür gewachsen ist.


www.schoenfeld-tee.de

Hinweis der Redaktion: Die Teegärtner planen, 2024 nach Chile auszuwandern.

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