Frankenthaler Porzellan wurde nur 45 Jahre lang hergestellt, von 1755 bis 1800. Aber bis heute ist es eine Liebeserklärung an den exquisiten Genuss und die Tischkultur. Die Aura des Originals ist eindrucksvoll zu erleben im Erkenbert-Museum Frankenthal.
Der handgroße Herr Herbst sitzt keck mit Bundhosen und Spitz-Hut auf einer Porzellan-Schale, eine reife Weintraube in der Hand. Neben ihm räkelt sich die hübsche Frau Sommer, mit geschnürtem Kleid und einem Bündel Weizenähren unter dem Arm. Das Ensemble – ergänzt von Frau Frühling und Herrn Winter – ist die Sensation auf dem prachtvoll gedeckten Tisch im Frankenthaler Erkenbert-Museum. Das Porzellan wirkt wie ein üppiges Blumenbukett und ist höher als die Frisuren der Damen, die zur Zeit des Kurfürsten Carl Theodors an derart dekorierten Tischen parlierten.
„Dieser Tafelaufsatz ist das exklusivste Stück im Museum“, erklärt Vera Hollfelder, die Leiterin des Museums. „In den Schalen wurden Gewürze gereicht, im Türmchen Kräuter drapiert.“ Salz, heute Massenware, war damals, im späten 18. Jahrhundert, eine Rarität – Pfeffer rief Ekstase hervor. Lebhaft und liebevoll erklärt die 31-Jährige die Geschichte der einzelnen, über 200 Jahre alten Ausstellungsstücke. „Beim Thema Porzellan denkt man vielleicht zunächst, es sei kitschig oder nicht mehr zeitgemäß. Aber bei Frankenthaler Porzellan ist das andersaber man muss genau hinsehen.“
Einst schmückten sie prächtige Bankette, heute ruhen sie in den Glasvitrinen des Erkenbert-Museums: die kostbaren Porzellan-Figuren der historischen Frankenthaler Manufaktur. Teller und Saucieren, aber auch Figuren des Alltags und der Fantasie. Kunstreich hergestellt, liebevoll bemalt, detailreich verziert. Hergestellt wurden sie von 1755 bis 1800, also nur 45 Jahre lang, unter der Herrschaft des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz – und heute zählen sie zu den reizvollsten Schöpfungen deutscher Porzellankunst des 18. Jahrhunderts.
„Die Porzellan-Ausstattung eines Banketts zeigte die Noblesse und Weltgewandtheit der Besitzer“, weiß Vera Hollfelder. Nur der Adel konnte sich das kostspielige und neuartige Porzellan leisten. Jahrhunderte lang hatten die Chinesen das Geheimnis umdie Rezeptur bewahrt, seit dem 6. Jahrhundert. Erst um das Jahr 1700 gelang es Johann Friedrich Böttger in Dresden das erste Hartporzellan auf europäischem Boden herzustellen. Auch Paul Anton Hannong erwarb um 1748 das „Arkanum“, das Geheimwissen zur Porzellanherstellung. Er produzierte zunächst in Straßburg, dann bewarb er sich in Mannheim bei Kurfürst Carl Theodor, der ihn mit Kusshand aufnahm – und 1755 eröffnete die Porzellan-Manufaktur in Frankenthal.