… die weltweit erste Weintouristik-Route begründet wurde?
In jeder Krise steckt auch eine Chance. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist Deutschlands älteste Touristikroute, die Deutschen Weinstraße. Sie wurde 1935 aus der Taufe gehoben. Der Anlass: Eine anhaltende Absatzflaute, ausgelöst durch mehrere Faktoren. So schränkten die französischen Besatzer die Verkaufsmöglichkeiten der pfälzischen Winzer stark ein. Gleichzeitig versiegten wichtige Absatzkanäle, weil jüdische Weinhändler von den Nationalsozialisten mit einem Berufsverbot belegt wurden. Und schließlich sorgten die Rekordernten in den Jahren 1933/34 für einen drastischen Preisverfall.
Die Lösung: Mit Hilfe einer gemeinsamen Werbestrategie sollten Weinverkauf und Tourismus angekurbelt werden. So bündelten im Spätsommer 1935 rund 90 Winzergemeinden entlang der Haardt ihre Anstrengungen. Innerhalb weniger Wochen einigten sie sich auf den 85 Kilometer lange Verlauf der Weinstraße zwischen Bockenheim im Norden und Schweigen im Süden. Nach einigen Ausbesserungsarbeiten an den Straßen wurde die Touristikroute schließlich am Wochenende des 19./20. Oktober 1935 medienwirksam eingeweiht.
So genial die Idee, so unrühmlich ihr Urheber: Es war NSDAP-Gauleiter Josef Bürckel, der dem Konzept zum Durchbruch verhalf. Der ranghohe Nazi ging rigoros gegen Regimekritiker vor und veranlasste die Deportation tausender Juden. In Neustadt, dem damaligen Dienstsitz Bürckels, erinnert seit 2013 eine Gedenkstätte an die Gräueltaten. Und so ist die Deutsche Weinstraße eben nicht nur der reine „Saumpfad der Seligkeit und ungetrübten Lebensfreude“, sondern auch ein zwiespältiges Zeugnis der deutschen Geschichte.