In Neuhofen warten die einzigen barrierefreien Badegewässer in Rheinland-Pfalz auf Gäste wie Johannes Kaliga, der sich mit Hilfe eines Schwimm-Rollstuhls zum ersten Mal in einem See treiben lässt.

Das Thermometer zeigt 28 Grad. Der Himmel nur ein paar freundliche Wolken. Und Johannes Kaliga ein sehr zufriedenes Gesicht: Er ist gerade im wahrsten Sinne des Wortes abgetaucht. Zum ersten Mal in seinem Leben badet der Teenager in einem See. Entspannt lässt sich Johannes auf dem klaren Wasser treiben, auf den sanften Wellen der Neuhofener Schlicht – einem Schwimm-Rollstuhl sei Dank.

Stefan Bentz (rechts) hilft Johannes Kaliga beim Einstieg ins Wasser.

Von Mitte Mai bis Mitte September überbewacht die Ortsgruppe Neuhofen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) den Betrieb am „Badeweiher Steinerne Brücke“ und an der fast 20 Meter tiefen Schlicht – samstags ab 13 Uhr, sonn- und feiertags von 10 bis 18 Uhr. Und das alles ehrenamtlich. In ihrer Wachstation hüten die Rettungsschwimmer:innen aber auch so etwas wie einen kleinen Schatz: Einen Schwimm-Rollstuhl, den die Kreisverwaltung 2022 auf Initiative des Kreisbehindertenbeauftragten Thomas Jakubowski gestiftet hat und kostenlos an Rollstuhlfahrer:innen wie Johannes verleiht.

Der Schwimmrollstuhl sieht aus wie eine Liege mit Bojen auf Gummirädern.
Der Schwimmrollstuhl sieht aus wie eine Liege mit Bojen auf Gummirädern.

„Wenig später kam sogar noch ein zweiter hinzu“, erzählt Stefan Bentz, Vorsitzender der DLRG- Ortsgruppe Neuhofen: Der junge Kölner Sebastian Knobloch war mit dem Fahrrad von Ahaus bis zum Nordkap geradelt, um Spenden für Schwimmstühle zu sammeln, weil sein Freund Michi im Rollstuhl sitzt. „Seitdem sind gleich beide Badeseen in Neuhofen ausgestattet“, sagt Bentz stolz. Und er fügt auch mit Blick auf andere Gemeinden hinzu: „Durch Gummireifen sind die Stühle recht flexibel“ – eine  Rampe, die bis ins Wasser führt, sei da gar nicht unbedingt erforderlich.

Auf den ersten Blick sieht so ein Schwimmstuhl aus wie eine Liege mit Bojen. 23 Grad hat das Wasser an diesem Sommernachmittag – das Johannes sichtlich genießt. Stefan Bentz schwimmt direkt neben ihm und schaut dabei fast so zufrieden aus wie sein Badegast. „Für solche Momente hat sich die Mühe doch gelohnt“, sagt er. Und man glaubt es ihm sofort: Rund 1,2 Millionen Euro haben die Ortsgemeinde, das Land Rheinland-Pfalz und die Europäische Union in den Ausbau der Neuhofener Badeseen investiert, die einzigen barrierefreien Schwimmstege in Deutschland an einem Badesee angelegt und die Sanitäranlagen behindertengerecht ausgebaut. 

Die Wasserqualität ist hier ausgezeichnet.

Stefan Bentz, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Neuhofen

Dabei ist die DLRG nicht nur im Sommer an den Badeseen in Neuhofen im Einsatz, sondern das ganze Jahr über an unterschiedlichen Stellen der Region – in der Schwimmausbildung, als Strömungsretter, Taucher, Sanitäter oder bei Bootseinsätzen. Dabei bildet sie in unterschiedlichen Altersklassen aus, lehrt Schwimmen, Schnorcheln und Tauchen, Erste Hilfe, Funk, den Umgang mit Rettungs-, Sonar- und Ortungsgeräten oder gar Unterwasserdrohnen und wie man sich bei Gefahren in stehenden und fließenden Gewässern verhält. „Das ist eben unser Job“, sagt Stefan Bentz fast bescheiden, der schon als Fünfjähriger im Saarland zu den Lebensrettern kam und ihnen bis heute treu geblieben ist. Im „richtigen“ Leben ist er Polizist – und auch dort nicht weit vom Wasser entfernt: Als Dienststellenleiter im Präsidium Rheinpfalz koordiniert er neben seinem normalen Job die Aus- und Fortbildung von Schwimmtrainern für die Polizei in ganz Rheinland-Pfalz. 

Das Wasser der Schlicht leuchtet blau - so klar ist es.
Das Wasser der Schlicht leuchtet blau – so klar ist es.

An diesem Sommernachmittag ist die Schlicht glasklar, der Blick geht auf Schwärme unzähliger kleiner Fische und bis auf den sandigen Boden hinab – wie so oft. „Die Wasserqualität ist hier ausgezeichnet“, sagt Stefan Bentz, auch wenn das riesige Solarfeld eines Kiesbetriebs auf dem Wasser den Ausblick zuletzt verändert hat – idyllisch gelegen ist die Badestelle mit ihrem Sandstrand nach wie vor. Ein schönes Areal umgeben von hohen Bäumen, das durch seine Nähe zur B9 gut zu erreichen ist.

Johannes Kaliga lebt in Weinheim. Für ihn ist klar, dass er wiederkommen will. Und dass er den Schwimm-Stuhl nicht nur testet, weil er Neues mag. „Ich will auch dabei helfen, solche Dinge bekannter zu machen“, sagt der Teenager mit den dunklen Locken, der seit seiner Geburt durch eine Spastik im Rollstuhl sitzt. Und nicht zuletzt an seiner Stephen-Hawking-Schule für körperbehinderte und nicht behinderte Kinder und Jugendliche in Neckargemünd für den Schwimmrollstuhl Werbung machen will (hier geht’s zu unserer Geschichte über den Camino Incluso). Auch in seinem Verein: Wenn Johannes nicht gelassen auf der Schlicht treibt, rast er mit seiner Mannschaft der Torpedos Ladenburg über das Spielfeld. Einer im wahrsten Sinne des Wortes wendigen Truppe aus Power-Chair-Hockey-Spieler:innen im Rollstuhl. Nicht unwahrscheinlich, dass auch sie bald mal eine entspannte Abkühlung brauchen. Und bekommen – dem Einsatz der DLRG-Ortsgruppe Neuhofen sei Dank.

https://neuhofen.dlrg.de


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