… vor 150 Jahren gleich mehrere Global-Player aus der Taufe hob?
Die BASF ist nicht nur der größte Arbeitgeber in der Rhein-Neckar-Region, sondern auch das größte Chemieunternehmen der Welt. Es war Friedrich Engelhorn, der 1865 den Grundstein für den raschen Aufstieg der „Badischen Anilin- & Soda-Fabrik“ legte – ein Mann mit visionären Ideen und einem ebenso guten Sinn fürs Geschäft. Was nur Wenige wissen: Die BASF war nicht das einzige Unternehmen, das der Patriarch auf die Erfolgsspur setzte. Seine Finger im Spiel hatte der Magnat zum Beispiel auch bei der Gründung der Mannheimer Versicherung oder beim Aufbau der Badischen Gesellschaft für Zuckerfabrikation, die später in der Südzucker AG aufging. Ein Coup hatte es allerdings besonders in sich und war über 100 Jahre später Gegenstand einer der größten Firmenübernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
Friedrich Engelhorn (1821-1902) war ein umtriebiger Mensch. 1861 gründete der gelernte Goldschmied mit drei Partnern in Mannheim eine Anilinfabrik. Für die Produktion benötigte die Firma verschiedene Säuren, die zugeliefert wurden. Doch aus Rentabilitätsgründen wollte Engelhorn den gesamten Fertigungsprozess unter einem Dach bündeln. 1864 platzte die dafür geplante Fusion mit dem Verein Chemischer Fabriken, worauf Engelhorn mit acht Teilhabern die BASF ins Leben rief. Das Firmengelände in Mannheim wurde schnell zu klein, doch ein Grundstückskauf in Mannheim scheiterte. Kurzerhand expandierte die junge Firma auf der anderen Seite des Rheins in Ludwigshafen, wo auch heute noch der Stammsitz ist. Die synthetische Herstellung der Farbstoffe Alizarin (rot) und Indigo (blau) markieren wichtige Meilensteine der Anfangsjahre.
In der Führungsetage der rasant wachsenden BASF ging es allerdings nicht immer harmonisch zu. 1883 stieg Friedrich Engelhorn im Streit aus dem Vorstand aus. Noch im selben Jahr erwarb er eine größere Beteiligung am Pharmaunternehmen C.F. Boehringer und Söhne, das 1872 von Stuttgart nach Mannheim umgezogen war. Sein ältester Sohn Friedrich Engelhorn junior, promovierter Chemiker, übernahm die Geschäftsleitung. 1892 ging Boehringer vollständig in den Besitz der Familie Engelhorn über.
Vom Mittelständler zum Weltkonzern entwickelte sich Boehringer Mannheim dann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Curt Engelhorn zum Chef wurde. Ebenso eigenwillig, visionär und erfolgreich wie einst sein Urgroßvater Friedrich machte er das Unternehmen zu einem führenden Pharma- und Diagnostika-Hersteller. Mit dem Zukauf von DePuy vollzog er zum Beispiel die erste feindliche Firmen-Übernahme der US-amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Doch der Rückhalt in der Familie schwand mit der Zeit. Die ebenfalls beteiligten Cousins und Cousinen drängten zum Verkauf. 1994 scheiterte ein erster Entmachtungsversuch. 1997 gab der 71-jährige Senior-Chef schließlich nach. Zu verlockend war das 11 Milliarden Dollar-Übernahmeangebot von Hoffmann-La Roche. Über Nacht wurde Curt Engelhorn, der über 40 Prozent an Boehringer hielt, zu einem der reichsten Deutschen. Geschätztes Vermögen: 6 Milliarden Dollar.
Der deutsche Fiskus sah von dem vielen Geld allerdings nichts. Der Deal wurde geschickt über die Familienholding Corange Ltd. – zusammengesetzt aus dem französischen „cor“ (Horn) und „ange“ (Engel) – mit Sitz auf den Bermudas abgewickelt. Obwohl Curt Engelhorn bis zu seinem Tod im Jahr 2016 im Ausland lebte, riss die Verbindung in die Region nie ab: So brachte er zum Beispiel 25 Millionen Euro in die Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen ein. Auch der Universität Heidelberg war er als Förderer sehr verbunden.