Bereits seit Jahrtausenden treten in China Drachenboote gegeneinander an – in Ladenburg tun sie das seit 2006. Heute fahren die Römer Dragons auch bei Meisterschaften Erfolge ein.
„Vooorlage!“ Der Steuermann steht aufrecht am Heck des 13 Meter langen Boots. Vor ihm beugen sich 16 Menschen nach vorne und tauchen ihre Paddel ins Wasser, acht auf jeder Seite. „Are you ready?“ ruft Markus. „Attention! Go!“ 16 Paddel ziehen synchron durch das Wasser, drücken das Boot ruckartig vorwärts. Dann übernimmt die Trommlerin. Am Bug des Schiffs schlägt sie auf die Trommel vor ihr und schreit die Anzahl der Paddelschläge. „2,3,4!“ Schneller, immer schneller tauchen die Paddel ein, bis das Boot über den Neckar fliegt. Und wenn 16 Paddel gleichzeitig in den Fluss stechen, hört es sich tatsächlich so an, als würde das Boot fauchen.
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Alle in einem Boot: Bei den Römer Dragons zählt das Miteinander – wie auch unser Video zeigt.
Es sind ja schließlich Drachenboote, die hier in Ladenburg auf dem Neckar unterwegs sind. Auch wenn Smaug, Ladon oder Zagg während des Trainings optisch wenig mit Drachen gemein haben. Nur für Wettkämpfe und Events bekommen die Boote einen Drachenkopf- und schwanz – genauso wie es in China seit Jahrtausenden üblich ist. Seinen Weg nach Ladenburg hat der Sport dank einer „Bierlaune“ gefunden, so erzählt es Trainer Christian Gebler.
Smaug und Ladon mit Drachenkopf und in voller Fahrt beim Drachenbootevent 2023 in Ladenburg. Bild: Packwerk Photography
2005 fand während des Grünprojekts in Ladenburg ein Drachenboot-Gaudi-Rennen statt. „Klingt lustig“, dachten sich einige Ladenburger:innen. Spontan stellten sie ein Team zusammen und hatten so viel Spaß beim Rennen, dass sie beschlossen, den Sport dauerhaft in ihren Heimatort zwischen Mannheim und Heidelberg zu holen. Thomas Thieme, Vorstandsvorsitzender des FV 03 Ladenburg, fand die Idee ebenfalls großartig und wenige Monate später stieg der Fußballverein mit den Römer Dragons in den Wassersport ein – so zogen die ersten Drachen in das Bootshaus am Römerstadion.
Im Bootshaus am Römerstadion in Ladenburg warten die Drachen auf ihren Einsatz.
Zuwachs: Mit Outrigger und SUP gibt es zwei weitere Abteilungen.
Wer im Drachenboot wo sitzt, balanciert Christian vor dem Training genau aus.
Christian und Klaus auf dem Weg zum Fluss.
Hier lernen die Drachen fauchen.
Zumindest klingt es so, ...
wenn 16 Menschen gleichzeitig mit Kraft vorwärtspaddeln.
Viel schöner kann ein Trainingsort nicht werden...
Im Winter bauen die Paddler:innen Kraft auf für die Sommersaison.
Inzwischen haben die Drachenboote Gesellschaft bekommen: von Outrigger – Auslegerkanus – und Stand-up-Paddling (SUP) Boards. Beides sind mittlerweile eigene Sparten der Wassersportabteilung, die seit 2024 Klaus Keller leitet. Während sich die SUP-Sparte gerade noch im Aufbau befindet, sind die Outrigger bereits auf Erfolgskurs. „Die ersten haben wir 2009 angeschafft“, erzählt er.
Egal welche Größe, egal welches Geschlecht, egal wie gut trainiert und wie lange dabei – im Drachenboot oder Outrigger kommen am Ende alle gemeinsam ins Ziel
Klaus Keller
Zunächst nur für Trainingszwecke. Die Auslegerkanus gibt es auch als Ein- oder Zweisitzer und ermöglichen so ein viel individuelleres Training als ein Drachenboot, in dem bis zu 20 Menschen sitzen. Doch einige Römer Dragons hatten so viel Spaß im Outrigger, dass sie dabei blieben. Die Paddel aus Bambus und Carbon erzählen mit ihren Mustern noch heute von ihrer Heimat: schon vor Jahrtausenden paddeln die Bewohner:innen der Pazifikinseln damit über das Meer.
Neckar statt Pazifik – im Outrigger nehmen die Ladenburger auch an der Weltmeisterschaft teil.
Heute lassen auch die Temperaturen Südsee-Feeling aufkommen. Es ist 19 Uhr, als Klaus und Tanja Hanni Keller das Va’a 6 – das große Kanu, in dem sechs Personen Platz haben – mit ihrem Team ins Wasser lassen und noch immer zeigt das Thermometer 35 Grad an. 27 Kilometer, wie bei den Deutschen Landstreckenmeisterschaft Ende Mai 2025 in der Ostsee, werden sie heute sicher nicht fahren. Aber auf dem Wasser zumindest etwas Abkühlung finden.
Spritzer willkommen! Zumindest an heißen Sommertagen…
2024 wurde die Mannschaft aus Ladenburg Deutscher Vizemeister, im August fahren einige Vereinsmitglieder zur Weltmeisterschaft nach Brasilien. Tanja Hanni Keller fuhr früher im „Prosecco-Dampfer“ mit, dem damaligen Spaß-Team der Römer Dragons. Doch seit sie das erste Mal Outrigger fuhr, wollte sie nicht wieder aussteigen – und hat schließlich auch ihren Mann überzeugt, dabei zu sein. „Ich finde das großartig – sowohl beim Drachenboot als auch im Outrigger sitzen tatsächlich alle in einem Boot“, erzählt Klaus Keller. „Egal welche Größe, egal welches Geschlecht, egal wie gut trainiert und wie lange dabei – am Ende kommen alle gemeinsam ins Ziel.“
Das Paar ist auch die treibende Kraft hinter dem Jahres-Highlight der Römer Dragons. Dem großen Drachenboot-Event in Ladenburg, das seit 2006 im Juli stattfindet. Rund 1000 Paddler:innen und mehrere Tausend Zuschauer:innen tummeln sich dann auf der Neckarwiese – oder zu den Rennen im Wasser. Es gibt Wettkämpfe in unterschiedlichen Klassen mit Teilnehmer:innen auf ganz unterschiedlichem sportlichen Niveau. Hier werden die Baden-Württembergischen Meister im Sprint gekürt, aber auch die Mannschaft mit dem besten Kostüm. Bei allem Ehrgeiz darf der Spaß natürlich nicht zu kurz kommen. Und bei allem Spaß auch nicht die sportlichen Ambitionen. Das beides kein Widerspruch sein muss, zeigt der Verein seit Jahren. Bei den Deutschen Meisterschaften 2025 holten sie einige Medaillen.
Schwanensee im Drachenboot: Beim Event im Juli feiern tausende Menschen sich – und den Sport. Bild: Packwerk Photography
Christian Gebler ist von Anfang an dabei, seit 2008 trainiert der Schreiner das Sportboot der Römer Dragons. 2023 jedoch war er kurz davor, aufzuhören. „Durch Corona haben viele Aktive aufgehört, es waren nur noch acht bis zehn Leute, die regelmäßig kamen – es wurde immer schwerer, ein Drachenboot zu füllen.“ Durch Zufall fanden dann Natalia, Tati und einige weitere Ukrainer*innen zu den Römer Dragons. 2022 waren sie nach dem russischen Angriff aus ihrer Heimat geflohen und in Ladenburg gelandet. Zufällig hatten sie das Drachenboot-Event gesehen und dort einige Römer Dragons kennengelernt. „Eigentlich wollten wir Stand-up-Paddling probieren – aber Christian hat uns überredet, mal in ein Drachenboot einzusteigen“, erzählt Natalia. „Das hat so Spaß gemacht und die Leute waren so nett!“ Es war genau das, was sie in ihrer Situation brauchten. Und sie waren das, was Christian brauchte. „Zu sehen, wie viel Spaß sie haben, wie motiviert sie waren, wie sie Woche für Woche besser wurden – das hat auch mir den Spaß am Training zurückgebracht.“
Im Gleichtakt – Kommunikation ist im Drachenboot und im Outrigger enorm wichtig.
Mittlerweile ist das Boot wieder voll beim Training. Gerade schwimmt es allerdings in der Mitte des Neckars auf der Stelle. Statt die Paddel einzutauchen, bewegen die 16 Sportler:innen nur ihren Vorderkörper rhythmisch vor und zurück. „Beintraining“, erklärt Christian Gebler später. Denn auch wenn es so aussieht, als würde die ganze Kraft für den Sport aus den Armen kommen – die Beine spielen eine entscheidende Rolle. „Und die richtige Technik.“ Damit können auch weniger durchtrainierte Paddler:innen einiges wettmachen. Rund 100 Mitglieder hat der Verein derzeit. „Bei uns sind alle willkommen – egal wie gut trainiert, wie alt oder wie groß die sportlichen Ambitionen sind“, sagt Klaus Keller. Der Verein braucht Menschen, die sich einbringen, die bei Events mit anpacken. „Gerade eine Veranstaltung wie unser Drachenboot-Event ist ohne ehrenamtliche Hilfe nicht zu stemmen.“
Langsam senkt sich die Sonne über den Neckar. Nach und nach ziehen die Mannschaften ihre Boote aus dem Wasser, hinter ihnen glitzert der Fluss in der Sonne. Auf Fahrgestellen schieben sie die Boote zurück zum Bootshaus. Dort werden sie gereinigt und dann öffnet sich der Kühlschrank. „Manchmal gehen die letzten nach dem Training erst nach Mitternacht“, erzählt Gebler. Weil die gemeinsame Zeit am Ufer bei den Römer Dragons mindestens genauso wichtig ist wie die Zeit auf dem Fluss.
Wer mal in ein Drachenboot schnuppern will, kann im Sommer mittwochs oder freitags zum Training ab 18.30 Uhr ins Bootshaus am Römerstadion kommen – sollte sich aber vorher anmelden unter: 0170/1288900.
Die Outrigger trainieren Dienstag und Donnerstag um 18.15 Uhr, sowie Sonntag um 9.45 Uhr. Kontakt: 0152 36859363.
Wer gerne Stand-up-Paddling (SUP) probieren will, kommt montags um 18.15 zum Bootshaus. Kontakt : 0157 89077401.
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