Nur Tauchen – das ist einigen Frauen und Männern vom Tauchclub Octopus aus Weinheim zu langweilig. Sie gehen nicht nur unter Wasser, sondern spielen auch noch Rugby dabei. Mit vollem Körpereinsatz kämpfen sie in fünf Metern Tiefe um den Ball.

Fast menschenleer ist das Tiergartenbad in Heidelberg. Es ist Mittwochabend, der offizielle Badebetrieb ist beendet und die Abendsonne spiegelt sich in den Wasserbecken. Nur im Sprungbecken tut sich Merkwürdiges. Mehrere Menschen tummeln sich darin. Ausgestattet mit Schnorcheln und Flossen gleiten sie langsam über die Wasseroberfläche. Lauernd. Oder suchend? Plötzlich bricht Hektik aus. Kurz taucht ein weißer Ball auf. Wasser spritzt, Flossen schlagen, dann versinken alle gemeinsam wieder in die Tiefe.

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Taucht mit ab! Unser Video zeigt, was Unterwasserrugby ausmacht.

Fünf Meter geht es hinab im Sprungbecken. Und wer wissen will, was hier mittwochabends vor sich geht, muss ebenfalls abtauchen. Denn nur unter der Wasseroberfläche wird klar, was hier gespielt wird: Rugby. Genauer: Unterwasserrugby. „Die einzige dreidimensionale Ballsportart der Welt“, wie Spieler und Trainer Klaus Jaquemotte betont. Denn gespielt wird im gesamten Becken. „Nach vorne und hinten, aber auch nach oben und unten – das macht die Sportart so faszinierend.“ Ballsport in 3D. Klingt verrückt – dabei machen die zwölf Menschen, die sich da im Wasser tummeln, eigentlich einen ganz normalen Eindruck.

Männer und Frauen, Alt und Jung: das Unterwasserrugby-Team des TCO ist bunt gemischt.

Das Unterwasserrugby-Team vom Tauchclub Octopus (TCO) aus Weinheim ist bunt gemischt. Hier spielen Männer und Frauen, egal ob alt oder jung, groß oder klein, dick oder dünn. Der älteste im Team ist Ronald, der auch mit über 70 noch gerne abtaucht. „Wir haben aber auch 17- und 18-Jährige im Team“, erklärt Klaus. Viele kamen über das Tauchen zum Unterwasserrugby – oder völlig ungeplant. Wie Stella. Sie wollte beim Unisport eigentlich zum Schwimmtraining, hatte sich aber im Tag geirrt und landete beim Unterwasserrugby-Training. „Die haben mich dann überredet, mitzumachen“, erzählt sie. Den Badeanzug hatte sie sowieso schon an, Schnorchel und Flossen durfte sie sich ausleihen. „Und dann hat das so Spaß gemacht, dass ich auch in der nächsten Woche am falschen Tag in die Schwimmhalle kam.“ Sie lacht.

Wer zum ersten Mal auf die Idee kam, Rugby unter Wasser zu spielen, ist unklar. Um die Frage ranken sich gleich mehrere Legenden. „Vermutlich kamen mehrere Leute unabhängig voneinander auf die Idee, einen Ball ins Tauchtraining einzubauen – ob der Mythos nun stimmt, dass es als Übung für Kampftaucher entstand, oder ob es eher nur dazu diente, dem Kachelzählen beim Streckentauchen zu entkommen, wer weiß das schon “, sagt Klaus. „Und daraus hat sich dann irgendwann eine eigene Sportart entwickelt.“ Fest steht: Das erste offizielle Unterwasserrugby-Spiel fand 1964 zwischen dem DUC Duisburg und dem TSC Mülheim-Ruhr statt, das Duisburg 5:2 gewann. Seitdem übernahmen immer mehr Tauch- und Wassersportvereine auf der ganzen Welt das Spiel.

„Man taucht ab – und schon ist der Kopf frei!“

TCO-Spieler Sebastian

Klaus Jaquemotte spielte 2006 zum ersten Mal Unterwasserrugby. 13 Jahre alt war er damals und hatte schon vieles ausprobiert, was man auf und im Wasser machen kann. Er fing mit schwimmen an, fuhr Kajak und Kanu, tauchte, segelte und surfte. Die Begeisterung für das Wasser, erzählt Klaus, habe er von seinem Vater geerbt. Später probierte er auch Apnoetauchen aus, das Tauchen ohne Sauerstoffgerät. Dabei tauchte er ungern nur geradeaus in die Tiefe. „Meine Lieblingsstrecke liegt auf Malta. 40 Meter in die Tiefe, 38 Meter durch ein Wrack und auf der anderen Seite wieder hoch.“ Bis zu sechs Minuten kann er die Luft anhalten. Was natürlich auch hilfreich ist, wenn man in fünf Metern Tiefe einem mit Salzwasser gefüllten Ball nachjagen will.

Klaus Jaquemotte hat quasi jede Wassersportart schon einmal getestet.

Bei einem Spiel treten jeweils sechs Spieler:innen gegeneinander an. Im Idealfall besteht eine Mannschaft aus zwölf Spieler:innen – die sich in fliegendem Wechsel austauschen können, falls jemanden die Luft ausgeht. Das Spielfeld variiert je nach Beckengroße, ist aber höchstens 22 Meter lang und mindestens 3,5 Meter tief. Die schweren Metalltore sehen aus wie etwas überdimensionierte Papierkörbe und werden an den Breitseiten des Beckens versenkt. Damit der Ball nicht immer nach oben treibt, ist er mit Salzwasser gefüllt. Ziel ist es, ihn im Korb zu versenken. „Was allerdings nicht so einfach ist, weil auf dem Korb in der Regel ein Torwart liegt, um genau das zu verhindern“, erklärt Klaus. Gut also, dass man beim Unterwasserrugby auch ziehen, packen und drücken darf. Klingt brutal, dennoch ist der Sport verletzungsarm. „Das Wasser dämpft vieles ab.“

Auf sie! Wer den Ball hat, darf angegriffen werden.

Wenn die Mannschaften dann um den Ball kämpfen, wabert immer wieder ein wirres Knäul an Menschenkörpern durch das Becken. Dennoch wirkt der Sport nie aggressiv – vermutlich, weil er unter Wasser in fast vollkommener Stille stattfindet. Taktische Absprachen finden in der Regel vor den Spielzügen an der Wasseroberfläche statt. Unter Wasser ist das höchstens noch mit kräftigem Klatschen möglich. Der Sport ist schnell und technisch anspruchsvoll, erfordert Kraft und Kondition. Ein Spiel dauert deshalb gerade einmal 30 Minuten – aufgeteilt in zwei Halbzeiten. Während es als Verteidiger von Vorteil ist, etwas kräftiger gebaut zu sein, können zierlichere Spielerinnen wie Stella ihre Stärken im Sturm ausspielen: schnell und wendig bewegt sie sich durch das Wasser.

Dreimal in der Woche trainiert das Team aus Weinheim, mal in Heidelberg, mal in Mannheim, mal in Dossenheim. Auch die Spieler:innen kommen aus der gesamten Region. „Die meisten gehen ein- bis zweimal in der Woche zum Training, nur die Spielerinnen und Spieler der ersten Mannschaft sind fast immer dabei“, erklärt Klaus. Aktuell ist diese in der zweiten Bundesliga Süd unterwegs. Dem begeisterten Wassersportler reicht jedoch auch das nicht – er spielt im Verein auch noch Unterwasserhockey. Das Team trainiert parallel im Sportbecken des Freibads. Es sieht etwas geordneter aus, weniger wild. „Da der Puck auf dem Beckenboden gleitet, fehlt hier die dritte Dimension“, sagt Klaus. Spaß schein es aber genauso viel zu machen.

Fair und familiär: Die Spieler:innen schätzen die Atmosphäre beim Unterwasserrugby.

„Es ist einfach der ideale Ausgleich zum Job“, erzählt Sebastian, der seit 2006 Unterwasserrugby spielt. „Man taucht ab – und schon ist der Kopf frei!“ Und alle schwärmen von der familiären Atmosphäre des Sports. Tatsächlich bringen viele Spieler:innen Familienanhang mit. Manche sind schon seit den Anfängen des Vereins in den 70er Jahren dabei. Dann lässt man das Training auch mal Training sein und tratscht lieber am Beckenrand, während Kinder erste Tauchübungen absolvieren. „Das wir so bunt gemischte Teams haben, macht diesen Sport schon besonders“, sagt auch Klaus. Wer mitmachen will, muss eigentlich nur wasserbegeistert sein – und ein kleines bisschen verrückt.


Informationen zum Team und zu den Trainingszeiten:

https://tco-weinheim.de/unterwasserrugby-beim-tco-weinheim/

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