Gemütlich und gleichzeitig unbequem – das ist das „Mon Général“ in Neustadt an der Weinstraße. Tagsüber servieren Daniela und Peter Miklusz in ihrem Theatercafé Frühstück, Tartes und Quiches. Abends stehen die beiden Schauspieler dort selbst auf der Bühne, klären auf, rütteln wach. Ihr Ziel: Die Demokratie zu stärken. Damit sich die Geschichte nicht wiederholt.
Peter Miklusz steht vor einer blau gestrichenen Wand und blickt auf die wichtigsten Stationen seiner Karriere. Kleine und große Fotos von seinen Auftritten. Miklusz als Woyzeck und als Hamlet, in „Goldjungs“, „Kuʼdamm” und „Charité“ – und als SS-Offizier in dem Kurzfilm „Nakam“, der es 2022 auf die Shortlist der Oscars schaffte. „Ich muss immer die Nazis spielen“, sagt der Schauspieler. Dabei setzt er sich im echten Leben gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ein.
„Das Mon Général bekennt sich klar gegen aufkeimenden Rechtsextremismus, Faschismus und spricht sich aus für Demokratie und Freiheit.“ So steht es auf einem Blatt Papier, das Peter Miklusz und seine Frau Daniela gerahmt und in ihrem Café in Neustadt aufgehängt haben. Direkt darüber: noch mehr Fotos. Die „Wand des Widerstands“ zeigt Personen, die sich dem Nationalsozialismus entgegengestellt haben. Im September 2023 eröffnete das Schauspielerehepaar an der Weinstraße das Theatercafé „Mon Géneral“.
Ein „Café Culturel“, in dem es nicht nur typische französische Köstlichkeiten wie luftgetrocknete Salami und Crème de caramel au beurre salé gibt. Sondern auch Nahrung für kritische Köpfe. Denn am Abend verwandelt sich das Café in ein Theater – und das kleine, dunkelblaue Podest, auf dem tagsüber gerade einmal sechs Personen Platz finden, in eine Bühne. Maximal 25 Gäste können dann zuschauen, wenn Daniela und Peter Miklusz in verschiedene Rollen schlüpfen. Zu ihrer eigenen Überraschung haben viele ihrer Stücke es in sich. „Wir hätten nicht gedacht, dass unser Café so politisch werden würde“, sagt Peter Miklusz.
Das "Mon Général" liegt mitten in Neustadt.
...mit dem sich Daniela und Peter Miklusz einen Traum erfüllt haben.
Seit September 2023 gibt es das Café., ...
Gewidmet ist es Danielas französischem Vater André.
Mon Général war sein Spitzname – weil er Charles de Gaulle verehrte.
Tagsüber gibt es hier Frühstück, Tartes und Quiches.
Abends wird Theater gespielt.
Komödien, vielleicht eine eigene Interpretation von Stephen Kings „Misery“ und ja, auch das ein oder andere politische Stück – das hatten die beiden im Kopf, als sie das „Mon Général“ gründeten. Peter Miklusz arbeitet als freier Schauspieler vor allem für Film und Fernsehen. Wie seine Frau Daniela kommt er aber eigentlich vom Theater: Studiert hat er an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Danach trat er ein Engagement am Burgtheater Wien an, später wechselte er ans Berliner Ensemble und ans Schauspiel Köln.
Wir fühlen uns als Unternehmer und Künstler verpflichtet, Aufklärungsarbeit zu leisten.
Peter Miklusz
Daniela Miklusz ist in Ludwigshafen geboren und aufgewachsen. Sie ging zum Schauspielstudium an die Hochschule der Künste Bern und spielte als festes Ensemblemitglied am Berner Theater – unter anderem die Bridget in „Mondlicht“ und die Wäscherin Hanna in „Der große Diktator“. In Bern lernte sich das Paar auch kennen: Peter Miklusz vertrat dort einen Kollegen in „Ulysses“. „Das ist doch meine Verlobte!“, lautete damals einer der Sätze, die er auf der Bühne zu Daniela sagte.
Mit dem „Mon Général“ hat sich das Paar einen Traum erfüllt. Gewidmet ist das Theatercafé Danielas Vater André. Er war Franzose und verehrte Charles de Gaulle, den er als Kind einmal getroffen hatte und dessen Einsatz für die deutsch-französische Freundschaft er bewunderte. Wie der ehemalige französische Präsident wurde er daher mit Spitznamen „Mon Général“ genannt. André war es auch, der seiner Tochter seine Liebe für gutes Essen mitgab: Frühstück mit allen erdenklichen Leckereien und bis in den Nachmittag hinein – das erinnert Daniela Miklusz an ihre Kindheit und an gemeinsame Urlaube in der Bretagne. Im „Mon Général“ wollen sie genau diese gemütliche Atmosphäre heraufbeschwören: „Wir mögen es, wenn die Leute hier viel Zeit verbringen, wenn alles ein bisschen langsamer läuft“, sagt die Schauspielerin.
Aber nur Behaglichkeit – das reicht Peter und Daniela Miklusz nicht. Nicht umsonst ist das „Mon Général“ auch ein Theater und, wenn man so will, ein kleines Demokratiezentrum in Neustadt. Seit sie zusammen mit dem Anne Frank Zentrum Berlin die Ausstellung „Ich bin Anne“ zeigten, hängt ein Banner mit dem Gesicht und einem Zitat des jüdischen Mädchens an der Fassade des denkmalgeschützten Hauses am Rande der Innenstadt. Darüber flattert – gerahmt von zwei französischen Fahnen – eine Regenbogenfahne im Wind. An den Fensterläden, die wie vieles im „Mon Général“ in gedecktem Blau gehalten sind, haben Peter und Daniela Miklusz Zitate von Oscar Wilde und Charles de Gaulle angebracht. Direkt neben der Theke zitieren sie unter anderem Dietrich Boenhoeffer: „Schweigen im Angesicht des Bösen ist selbst böse.“
Auf den großen Bühnen haben sie diese politische Form des Theaters vermisst. „Am Theater befasst man sich oft nur mit sich selbst“, sagt Daniela Miklusz. „Wie soll man da von der Welt erzählen?“ Im „Mon Général“ genießen die beiden die Freiheit, sich den Themen widmen zu können, die ihnen wichtig sind. Im Moment beschäftigt sie vor allem das Wiederaufkeimen von rechtem Gedankengut. In ihren Stücken geht es meist um die Zeit des Nationalsozialismus. Dass viele ihrer Gäste das Engagement des Schauspielerpaars mutig finden, stimmt Peter Miklusz eher nachdenklich: „Wir fühlen uns als Unternehmer und Künstler verpflichtet, Aufklärungsarbeit zu leisten.“
Besonders gerne zeigen Peter und Daniela Miklusz Stücke frei nach Bertolt Brecht – vor Kurzem etwa „Rechtsfindung“, in dem ein Richter und eine Staatsanwältin entscheiden müssen, ob ihre Angst vor den Nazis stärker ist als ihr Gewissen. Ein fester Bestandteil der Theaterabende im „Mon Général“ sind zudem die offenen Podiumsdiskussionen nach der Vorstellung: Mal stellen die beiden Schauspieler ihrem Publikum Fragen, mal warten sie ab, welche Gespräche sich entwickeln. Dieser Austausch sei oft sehr persönlich, erzählt Daniela Miklusz. „Das ist viel interessanter als im Theater“, ergänzt ihr Mann. Und auch wenn er sich freuen würde, bald mal wieder eine Komödie auf die Bühne zu bringen, ist eines für ihn klar: „Wir werden immer auch politisches Theater machen.“
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