Anne Mahn bewahrt im Mannheimer TECHNOSEUM Alltagskultur. Dabei liebt sie vor allem die Ausstellungsstücke, die nicht stumm bleiben, sondern besondere Geschichten aus der Vergangenheit erzählen. Und damit auch von der Gegenwart.
Anne Mahn ist auf einem Nähmaschinentisch getauft worden. „Einfach die Nähmaschine einklappen, ein weißes Spitzendeckchen drauflegen – und fertig.“ Auf dem Weg durchs TECHNOSEUM muss man ihr keine Fragen stellen. Sie ist hier an ihrem Arbeitsplatz mit ganz viel Herzblut dabei, nennt wichtige Daten und Fakten, erzählt herrliche Anekdoten. Wie eben bei den Nähmaschinen. Oder bei der grauen Zinkbadewanne, die nur in der Mitte aufsitzt und an eine übergroße Blumenwanne erinnert. Eine Wellenbadschaukel. „Damit soll Sissi im Hotel Adlon einmal das ganze Bad unter Wasser gesetzt haben.“ Bei Sissi und Adlon vergisst der Besucher allerdings leicht, dass die Wellenbadschaukel wohl nicht allein fürs Vergnügen gedacht war – sondern auch dafür, mit wenig Wasser möglichst gründlich sauber zu werden: Durch Schaukelbewegungen schwappte das Wasser immerhin an Körperstellen, die sonst unbedeckt blieben.
Seit 2014 arbeitet Dr. Anne Mahn als Kuratorin am TECHNOSEUM, dem Landesmuseum für Technik und Arbeit. Auf 9.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche erzählt es Technik- und Sozialgeschichte vom 18. Jahrhundert bis heute und damit von der Industrialisierung. In der Experimentierausstellung „Elementa“ können Besucher zudem auf drei Etagen Erfindungen ausprobieren. Anne Mahn ist „die Frau für die Alltagskultur“, ein Thema, das sich durch die gesamte Schau zieht. Dabei geht es gar nicht mal um die beeindruckenden großen Geräte wie etwa das riesige Wasserrad der Papiermühle oder die historischen Druckmaschinen. Sondern um Kaffeegeschirr, um Tabakdosen, um Nachttöpfe. „Objekte, die unsere Besucher kennen, mit denen jeder etwas anfangen kann.“ Vor allem aber interessieren Anne Mahn deren Geschichten: die Vergangenheit der Ausstellungsobjekte und die Erinnerungen, die sie beim Betrachter auslösen.
So bleibt die 45-Jährige beim Gang durch das Museum zunächst bei den Uhren stehen, vor schweren Holzkästen mit filigraner Mechanik. Messgeräte, die plötzlich die Stunden zählten, die Angestellte auf der Arbeit verbrachten. „Zeitmessung zur Kontrolle“, nennt Anne Mahn das und zeigt auch Stempelkarten. Relikte, die ganz einfach ins „Jetzt“ übertragbar sind: „Heute haben wir elektronische Chips, um an der Arbeit ein- und auszuchecken. Oder wir leisten Vertrauensarbeit“, sagt die Kuratorin. Im sogenannten Strafregisterbuch entziffert sie kurz darauf die handschriftlichen Eintragungen, wofür Arbeiterinnen einen Teil ihres Lohns abgezogen bekamen: für Verspätungen, für unerlaubtes Wegbleiben, fürs Schwatzen.