Ist der Speyerbach eine pfälzische Fata Morgana? Neustadt an der Weinstraße, Marktplatz: gibt man diese Adresse in eine Karten-App ein, erscheint eine blaue Wasserlinie, die von West nach Ost über den Marktplatz verläuft. Wechselt man in die Satellitenansicht, verschwindet sie plötzlich spurlos. Und auch vor Ort – rund um den Königsbrunnen ist nichts zu sehen vom Speyerbach.

Unter der Neustadter Altstadt verläuft der Speyerbach – der nun bald wieder sichtbar werden soll.

„1971 hat man ihn kanalisiert und unter der Stadt hindurchgeschleust“, löst Professor Dr. Frank Sobirey das Rätsel um die Fata Morgana – und skizziert ein neues Bild vom Wasser in Neustadt: „Dort, wo der Speyerbach einst mitten durch die Altstadt floss, wollen wir einen neuen Wasserlauf anlegen, der das Stadtbild aufwertet und zum Verweilen und Spielen einlädt.“

Unter dem Motto „Wasser in die Stadt“ hat Frank Sobirey eine Bürgerinitiative im besten Sinne des Wortes ins Leben gerufen. In bemerkenswerter Einigkeit ziehen alle an einem Strang: Neustadter Bürger und Politiker jeglicher Couleur, der örtliche Lions Club, die Bürgerstiftung und „ganz wichtig“, wie Frank Sobirey betont – „auch die Stadtplanung.“

Wenn er am verkaufsoffenen Sonntag mal wieder auf dem Marktplatz steht und mit der Bürgerstiftung die neuesten Pläne zum Projekt präsentiert, wirkt es, als hätte der ehrenamtlich engagierte Neustadter zu einer offenen Bürgersprechstunde geladen. „Herr Professor, Herr Professor! Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?“ hört man dann die Leute fragen und Wünsche formulieren wie „die alte Feuerwehrglocke, die sollte wieder an ihren Ursprungsort zurück.“

Keine Frage: Frank Sobireys Interesse für die Belange seiner Heimatstadt, sein aufmerksamer, ebenso respekt- wie humorvoller Umgang mit den Mitbürgern und seine eloquente, ehrlich-direkte Art haben sich herumgesprochen. Da wundert es nicht, dass bereits angefragt wurde, ob der Prodekan der Dualen Hochschule Mannheim nicht bei der bald anstehenden Wahl zum Oberbürgermeister kandidieren wolle.

„Die Kommunalpolitik überlasse ich lieber anderen, zumal es gute, politikerfahrene Kandidaten gibt“ sagt Frank Sobirey diplomatisch und verweist darauf, seine Stärken zu kennen – und die lägen eindeutig im Netzwerken, fernab von Parteipolitik. Zu tun hat der Betriebswirtschaftler, der vor seiner Lehrtätigkeit unter anderem im Management der Deutschen Bank tätig war, ohnehin mehr als genug. Wenn er nicht gerade Studierende in bankwirtschaftlichen Spezialthemen unterrichtet, engagiert er sich als Präsident der Lions Hilfe Neustadt, als Vorsitzender des Kuratoriums der Bürgerstiftung, als Präsident der Liedertafel Neustadt oder als Vorstand des Stiftskirchen-Bauvereins.

„Die Stadt auf dem Marktplatz vor Rathaus und Stiftskirche hat einen neuen leuchtenden Mittelpunkt erhalten.“

Alle diese Ehrenämter haben gemeinsam, dass Menschen für eine gute Sache im Dienste der Stadt zusammengebracht werden. Dabei könnte Frank Sobirey bereits gut ausgelastet sein, wenn er sich auf seine historische Immobilie oberhalb der Stadt zurückziehen würde. 1971 hatte sein Vater die Gelegenheit ergriffen, das Haardter Schloss zu erwerben, erbaut hundert Jahre zuvor von August Ritter von Clemm, einem der Mitbegründer der Ludwigshafener BASF. Das Schloss beherbergte früher ein Hotel, heute unter anderem das Ausstellungsforum für Fotografie mit dem Namen „Gute Aussichten“ – und das ist keine Untertreibung: Vom Schlossberg mit seinen verschiedenen Gartenanlagen, in denen Frank Sobirey gerne selbst Hand anlegt, bietet sich eine spektakuläre Aussicht auf die Rheinebene. Und im Juli wird dann getanzt und gesungen – beim alljährlichen Sommernachtsfest der Neustadter Liedertafel.

Mit Fingerspitzengefühl und einem Blick für die Realisierbarkeit von Projektideen, bringt der Mann nun schon seit Jahren Entscheidungsträger zusammen. Das Projekt „Wasser in die Stadt“ ist ihm ein besonderes Anliegen, aber längst nicht das einzige. Vieles hat man in den letzten Jahren schon gemeinsam erreichen können. Zuletzt hat man  den historischen Königsbrunnen auf dem Marktplatz in neues Licht getaucht. Dazu wurden unter anderem acht originalgetreue Sandsteinkugeln neu aufgebaut, die vor hundert Jahren verloren gegangen waren und nun als Träger der modernen LED-Beleuchtung dienen. „Damit hat die Stadt auf dem Marktplatz vor Rathaus und Stiftskirche einen neuen leuchtenden Mittelpunkt erhalten.“

Die Stiftskirche selbst hat ihr Aussehen in den letzten Jahren auch stark verändert. Sie war das Ziel einer ersten breit angelegten bürgerschaftlichen Aktion, die Frank Sobirey mit initiiert hat. Vor gut zehn Jahren richtete er zum 50-jährigen Jubiläum des Neustadter Lions Clubs einen Wohltätigkeitball aus und widmete ihn der Stiftskirche. Damals sammelte man 50.000 Euro ein und gründete den Stiftskirchen-Bauverein. Mit Hilfe dieser Gelder konnten die alten Deckenreliefs der Kirche freigelegt und restauriert werden. In zwei weiteren großen Spendenaktionen konnten die Neustadter Bürger als Steinstifter und Orgelpfeifenstifter einen großen Anteil zum neuen Erscheinungsbild der Stiftskirche beitragen.

Neustadter und Pfalzbesucher aus der Region und ganz Deutschland besuchen samstags den Wochenmarkt vor der Stiftskirche. Bei strahlendem Sonnenschein entspannt in einem Café unter großen Sonnenschirmen das Marktreiben zu beobachten, das erinnert an die Atmosphäre einer italienischen Piazza. Aber trotz des mediterranen Flairs ist die pfälzische Bodenhaftung überall präsent. In den Gasthäusern wird die Weinschorle im regionaltypischen Mischverhältnis ausgeschenkt – mit einem Spritzer Wasser: da ist der Pfälzer entschieden und nicht zimperlich.

Ob aus Kanälen oder aus Brunnen: Wasser ist in Neustadt an der Weinstraße in den letzten Jahren ein großes Thema. Dabei hat das feuchte Nass die pfälzische Metropole auch in die überregionalen Nachrichten geschwemmt: Zuletzt 2009, als der Klemmhof, ein Innenstadtquartier aus den 1970er Jahren, wegen Grundwasserunterspülung evakuiert werden musste. An der Architektur des Klemmhofs scheiden sich seit jeher die Geister, nur bei seinem Wahrzeichen ist man sich einig: der von Gernot Rumpf gestaltete Elwedritsche-Brunnen wird von den Neustadtern heiß geliebt und ist zur gefragten Touristenattraktion geworden. Auch das hängt mit dem Wirken der Bürgerstiftung zusammen. Die Beleuchtung des Brunnens, an dem die legendären Pälzer Fabelwesen Elwedritsche mit dem Wasser spielen, war wenige Jahre nach der Einweihung durch Vandalismus zerstört worden. Zum Leidwesen des Bildhauers konnte sie aufgrund des knappen Stadtsäckels fast 20 Jahre lang nicht repariert werden. Gemeinsam sammelte man Spenden für eine neue, moderne Beleuchtung, die 2014 schließlich in Betrieb genommen werden konnte. Und zum ersten Brunnenfest wurde auch eine frühere Attraktion zum Leben erweckt, die dem alten Oberbürgermeister Brix ein besonderes Anliegen war: Aus der wohlgeformten Brust der Elwedritschen-Mutter konnte Riesling statt Wasser entnommen werden – natürlich gegen eine kleine Spende zugunsten des nächsten Wasserprojekts.

Kein Wunder, dass Frank Sobirey nun auch mit dem großen Projekt “Wasser in die Stadt“ offene Türen einrennt. Vom Casimirianum, der ehemaligen historischen Universität ausgehend, soll der Speyerbach angezapft und in die Stadt geleitet werden, wo sein früherer Verlauf an mehreren Stellen sichtbar gemacht wird. Wenn alles nach Plan läuft, wird schon 2018 Wasser durch die Fußgängerzone neben dem Klemmhof bis fast an den Elwedritsche-Brunnen fließen. Eigentlich, so meint Frank Sobirey, wäre das ein stadtplanerisches Wunder, aber in Neustadt an der Weinstraße weiß man: Wunder gibt es immer wieder. Manchmal wird hier Wasser tatsächlich zu Wein –  und wenn es auch nur im Elwedritsche-Brunnen geschieht.

So könnte es am Klemmhof ab 2018 aussehen.

 


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