…ungeheuerlich sind?

Die Pfalz ist das zweitgrößte Weinanbaugebiet Deutschlands. Die rund 23.600 Hektar Rebfläche werden aufgrund der geographischen Gegebenheiten in 26 Groß- und 326 Einzellagen unterteilt – die teilweise recht kuriose Namen tragen. Während sich Bezeichnungen wie „Sonnenberg“, „Kirchenstück“ oder „Kastanienbusch“ von selbst erklären, sieht es bei „Eselshaut“, „Mäushöhle“ oder „Ungeheuer“ schon anders aus. Grund genug, sich einmal näher mit der Herkunft einiger Lagenbezeichnungen zu befassen.

 

Eine der bekanntesten und besten Lagen der Pfalz liegt im Winzerdörfchen Forst und heißt „Ungeheuer“. Ein solches wurde dort (von nüchternen Personen) allerdings bisweilen nicht gesichtet – mal abgesehen von den harmlosen Elwetritsche. Die Gemarkung gehörte im 17. Jahrhundert dem Deidesheimer Stadtschreiber Johann Adam Ungeheuer. Daher der Name, der in aller Welt die Herzen von Weinkennern höher schlagen lässt – oder wie Reichskanzler Otto von Bismarck einst treffend feststellte: „Dieses Ungeheuer schmeckt mir ungeheuer“. Ein ähnliches Namensschicksal teilt eine Lage im Nachbarort Wachenheim. Dort vermachte Philipp von Bechtolsheim seinem Vetter Grympel im Jahr 1499 ein Flurstück. Aus Grympel wurde im Zeitverlauf das wenig schmeichelhafte „Gerümpel“, womit allerdings keinesfalls die Qualität der Weine gemeint sein kann. Genauso wenig fühlen sich in der „Deidesheimer Mäushöhle“ die grauen Nagetiere besonders wohl. Vielmehr gehörte das Stück Land einst einer Familie „Maus“. Der Wortteil „Höhle“ ergibt sich aus dem mittelhochdeutschen „Halde“ (= leicht abfallendes Gelände), das sich auch in Lagennamen wie „Gleisweiler Hölle“ oder „Grünstadter Höllenpfad“ wiederfindet.

 

Das Mittelhochdeutsche ist jedenfalls eine gute Quelle, um illustren Lagebezeichnungen auf den Grund zu gehen: So hat die „Meerspinne“ in Gimmeldingen rein gar nichts mit dem furchteinflößenden Krustentier zu tun. Vielmehr handelt es sich wahrscheinlich um ein Kompositum aus „mer“ (= Wasserloch) und „wünne“ (= Weideland). Die Lage „Mußbacher Eselshaut“ hat ihre Namenswurzel vermutlich im Wort „höuwet“ (= Wiese). Das Heu dieser Wiese wurde verwendet, um den Esel des nahegelegenen „Gutleuthaus“ zu füttern. Drittes Beispiel ist der Ranschbacher „Seligmacher“, der diesen Zweck bei mäßigem Konsum hervorragend erfüllt. Der Name allerdings leitet sich wahrscheinlich aus dem mittelhochdeutschen Wort „salhe“ (= Salweide) und dem lateinischen „maceria“ (= Einfriedung) ab.

 

Manchmal hilft es auch, die Gemarkung in Augenschein zu nehmen. So verdankt die Lage „Kallstadter Saumagen“ ihren Namen nicht etwa der Pfälzer Spezialität, obwohl die dort angebauten Rieslinge hervorragend zu selbiger munden. Ausschlaggebend war vielmehr die sackförmige Parzellengestalt.

Bleiben noch klingende Bezeichnungen wie „Herxheimer Himmelreich“, „Dürkheimer Feuerberg“ oder „Deidesheimer Paradiesgarten“. Hier waren es schlichtweg die Winzer, die Marketing-technisch etwas nachhalfen, um den Weinabsatz anzukurbeln. Aber wie sagten schon die Römer, die die Weinrebe vor 2.000 Jahren in die Pfalz brachten: „Nomen est omen“!

 

Mehr Infos zur Geschichte des Weinbaus in der Pfalz gibt es u.a. im Weinmuseum des Historischen Museums der Pfalz in Speyer sowie im Deidesheimer Museum für Weinkultur.