Interaktiv und informativ, durchaus aufrüttelnd, aber nie mit erhobenem Zeigefinger: Die Klima Arena in Sinsheim verdeutlicht eindrücklich, was der Klimawandel für unsere Erde bedeutet. Dabei will sie nicht Alarm schlagen, sondern Wege aufzeigen. „Wenn jeder Besucher Zuhause eine kleine Sache anders macht als zuvor – dann haben wir unser Ziel schon erreicht“, sagt Natalie Wohl vom Bildungsteam. 

Der Boden vibriert, dann schwebt der Hyperbus mit einem leisen Sirren aus dem Hangar. Er startet  in die Zukunft, auf eine Reise in das Jahr 2100. Das Ziel: der Amazonas-Regenwald. Zumindest der kleine Teil von ihm, der noch existiert und aufwändig in Gewächshäusern konserviert wird. Auch die Iguazú-Wasserfälle werden als Reiseziel angepriesen. Schließlich sind die Felsformationen „auch ohne Wasser beeindruckend“. Und die Arktis? Quasi eisfrei.

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Es sind Worst-Case-Szenarien, die im Gletscherkino der Klima Arena Sinsheim über die Bildschirme flimmern. Sie zeigen die Welt, wie sie aussehen könnte, wenn sie sich weiter erhitzt. Wenn der Mensch weiterhin so viel CO2 in die Atmosphäre pumpt wie im Moment. Wenn er nichts unternimmt, um den Klimawandel aufzuhalten. Ein virtueller Flug, der durch eine vibrierende Bodenplatte und beeindruckende Bilder die Besucher auch im wörtlichen Sinn aufrüttelt. „Es gibt viele Besucher, die wirklich sehr betroffen aus dem Gletscherkino kommen“, sagt Natalie Wohl. „Weil ihnen zum ersten Mal bewusst wird, was wir verlieren könnten.“

Die Klima Arena in Sinsheim: Informationen über den Klimawandel auf 40.000 qm.

Doch die Gäste werden nicht mit den deprimierenden Szenarien entlassen. Auf der Rückreise kommt es zu einem Zwischenfall, der Hyperbus muss notlanden. Um ihn wieder mit Energie zu versorgen, müssen die Besucher Rätsel lösen und zusammenarbeiten. Denn nur, wenn jeder mit anpackt, jeder seinen Teil beiträgt, kann der Flug weitergehen. „Das ist es, was wir vermitteln wollen“, erklärt Natalie Wohl. „Dass es auf jeden einzelnen ankommt und jeder etwas tun kann. Auch um diese Worst-Case-Szenarien zu verhindern.“

Genau das hat SAP-Mitgründer Dietmar Hopp 2014 dazu bewogen, den Bau der Klima Arena zu initiieren. „Wir wissen schon seit mehr als 20 Jahren, dass sich die Erde erwärmt, die Meeresspiegel steigen und die Pole schmelzen. Niemand bleibt von den Folgen des Klimawandels verschont“, sagt er bei der Eröffnung im Oktober 2019. Und: „Es ist höchste Zeit zu handeln.“ Er betont, dass es dabei nicht nur auf die Politik und die Wirtschaft ankommt. „Es ist die Sensibilisierung für viele Kleinigkeiten im Alltag, die in Summe schon bedeutsam werden, wenn alle mitmachen.“ Finanziert wird die Klima Arena von der Dietmar Hopp Stiftung, getragen von der gemeinnützigen Klimastiftung für Bürger. Ihr Auftrag: Das Verständnis für den Klimawandel zu fördern und zum Handeln inspirieren.

Das ist einfach ein Thema, das für mich, meine Generation und die Generationen nach mir unglaublich wichtig ist.

Natalie Wohl

Das passiert in der Klima Arena nicht nur durch die Ausstellung selbst. Sondern vor allem durch die Menschen, die dort arbeiten. Wie Natalie Wohl. Sie ist im Bildungsteam für die Schulklassen zuständig. Sie führt Kinder und Jugendliche durch die Ausstellung, unterrichtet im „grünen Klassenzimmer“ und leitet Workshops. Diese finden entweder in der Klima Arena oder auch direkt in den Schulen statt. Natalie Wohl kommt aus der Region, ist in Weiler aufgewachsen, das direkt hinter der Burg Steinsberg liegt, die von der Klima Arena aus zu sehen ist. Ursprünglich hat sie Umweltgeowissenschaften studiert. „Das war spannend, aber ich hab‘ für meinen Geschmack viel zu viel Zeit im Labor verbracht.“ Sie wollte lieber mit Menschen arbeiten, Wissen vermitteln und andere für die Wissenschaft begeistern. „Gerade beim Klimawandel ist das wichtig. Weil viele immer noch denken: Das ist so weit weg und die Auswirkungen sind noch lange nicht spürbar – dabei stecken wir mittendrin! Das ist einfach ein Thema, das für mich, meine Generation und die Generationen nach mir unglaublich wichtig ist.“ Ihren Master machte Natalie Wohl deshalb in Biodiversität und Umweltbildung an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe. Schon während des Studiums fing sie an, als studentische Hilfskraft in der Klima Arena zu arbeiten – als diese noch im Entstehen war. „Ich bin extrem heimatverbunden“, sagt Natalie Wohl. „Als ich hörte, dass so ein Projekt vor meiner Haustür entstehen soll, wollte ich unbedingt Teil davon sein.“

„Ich wollte unbedingt Teil davon sein“, sagt Natalie Wohl über die Klima Arena.

Sie ist, noch immer, begeistert von der Ausstellung und steht am liebsten selbst vor den Exponaten, klickt und drückt und rennt als Eisbärbaby Ella virtuell über schmelzende Eisberge zu ihrer Mutter. „Wenn man hier ist, muss man auf jeden Fall in den Gletscher, zum Globe und einmal Einkaufen“, zählt sie auf. Natalie Wohl redet schnell und lacht viel. Sie freut sich darauf, endlich wieder Schulklassen begrüßen zu können. Nur sechs Monate waren die Türen der Klima Arena geöffnet, bevor das Coronavirus sie wieder schloss. „Das war schon sehr frustrierend.“ Sie haben in der Zeit weiter an der Ausstellung gefeilt, Workshops konzipiert und einiges in den virtuellen Raum verlagert. „Aber das ist nicht das gleiche“, sagt Natalie Wohl. „Wenn die Schüler hier sind, wenn ich ihnen direkt in einer Simulation zeigen kann, wie sich die Erde in den vergangenen Jahrzehnten erwärmt hat, wie sie röter und röter wird – das hinterlässt einen ganz anderen Eindruck.“

Natalie Wohl hilft Eisbärbaby Ella.

Sie geht zum Globe, einer großen, gut 1,5 Meter großen Erdkugel. Hier lässt sich die Erderwärmung simulieren und zeigen, wie der Globus in den vergangenen Jahren anfängt zu kochen. Auch das aktuelle Wetter können sich Besucher mit wenigen Klicks anzeigen lassen, ebenso die Aussichten für die nächsten zwei Tage. Oder wo auf der Welt im vergangenen Jahr Wälder in Flammen standen – und wie sich der Rauch quer über den Globus verteilt hat. „Hier wird deutlich, wie vernetzt wir alle sind“, sagt Natalie Wohl. „Wenn in Sibirien der Wald brennt, hat das auch eine Auswirkung auf uns.“ 

Afrika brennt: Der Globe zeigt eindrücklich das Ausmaß der Waldbrände.

Auch die Klima Arena selbst ist quasi Teil der Ausstellung. Ein Energieplushaus, von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) ausgezeichnet mit dem höchsten Zertifizierungsgrad „Platin“. Es hat nicht nur Photovoltaikanlagen, einen Eisspeicher und zwei Zisternen, sondern ist, falls es jemals wieder abgerissen werden sollte, komplett recyclebar. Überall im Inneren blinkt etwas, bewegt sich etwas, fordert etwas zum Ausprobieren oder Klicken auf. Überfordert können Besucher dann schon mal sein, gerade wenn sie nicht ganz so technikaffin sind. Deshalb ist immer jemand aus dem Besucherteam von Nina Wilhelmy ansprechbar. „Wir wollen den Besuchern bewusst nicht nur einen Plan in die Hand drücken und alleine durchschicken, sondern sie an die Hand nehmen.“

Immer für Besucher ansprechbar: Natalie Wohl und Nina Wilhelmy, Leiterin des Besucherteams.

Eine interaktive Wand vermittelt zu Beginn die Grundlagen des Klimawandels, erläutert die Ursachen und verdeutlicht die Auswirkungen. Danach folgen verschiedene Themenbereiche, die sich dem Alltag der Menschen widmen. Es geht um Wohnen und Energie, Mobilität und Konsum – und wie sich all diese Bereiche umweltverträglicher gestalten lassen. Zwischendurch gibt es immer wieder Spielstationen, auch für Kleinkinder. Größere können sich auf Rallye durch die Arena begeben. „Wir sind erstaunt, wie vielfältig unsere Besucher sind“, sagt Nina Wilhelmy. „Es kommen Schulklassen, aber auch Wandergruppen, Gemeinderatsmitglieder und ganze Unternehmensabteilungen. Natürlich viele Familien und oft auch Großeltern mit ihren Enkeln – was ich wirklich schön finde.“

Wer Kart fahren will, muss erst die Energie dafür erzeugen. Bild: Simon Hofmann

Wem dann irgendwann der Kopf vor Informationen raucht, kann in den weitläufigen Außenbereich wechseln. Hier werden verschiedene Lebensräume vorgestellt und etwa gezeigt, welche heimischen Pflanzenarten durch den Klimawandel gefährdet sind und welche sie ersetzen könnten. Sogar eine eigene Streuobstwiese hat die Klima Arena, gleich hinter dem „grünen Klassenzimmer“, in dem Natalie Wohl Schulklassen im Freien unterrichtet. Selbst die Spielplätze sind hier mit einem „Aha“-Effekt ausgestattet. Wer eine Runde im Elektro-Kart fahren will, muss vorher in einem Hamsterrad die Energie dafür erzeugen. Nichtstun ist in der Klima Arena keine Option.


www.klima-arena.de

Klimafreundlich zur Klima Arena, per ÖPNV oder Fahrrad: Informationen zur Anfahrt

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