…eine weltweite Dolmetscher-Hochburg ist?

Sie sind so gut wie unsichtbar, doch ohne ihr stetes Wirken im Hintergrund würde der globalisierte Politik- und Wirtschaftsbetrieb buchstäblich verstummen: Dolmetscher. Allein die Europäische Union beschäftigt schätzungsweise 4.000 Frauen und Männer, um die post-babylonische Polyphonie aus 24 Amtssprachen Tag für Tag in geordnete und für alle verständliche Bahnen zu lenken. Viele dieser Sprachmittler werden im südpfälzischen Germersheim auf ihre anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet. Dort befindet sich eine der weltgrößten Ausbildungsstätten für Dolmetscher und Übersetzer.

Die Anfänge der international renommierten Einrichtung reichen zurück ins Jahr 1947 – und sind zugleich ein Zeugnis des europäischen Annäherungsprozesses nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Beamten und Funktionäre der französischen Besatzer waren der deutschen Sprache nur selten mächtig. Aus dieser Not heraus gründeten sie die Staatliche Dolmetscherschule Germersheim. Bereits zwei Jahre später ging die Hochschule in die Kulturhoheit des Landes Rheinland-Pfalz über, verbunden mit der Eingliederung in die Universität Mainz. Aus dem „Auslands- und Dolmetscherinstitut“ wurde 1972 der Fachbereich „Angewandte Sprachwissenschaft“. Heute heißt der Fachbereich „Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft“ (FTSK).

In der mehrfachen Namensänderung kommt das veränderte Selbstverständnis der Einrichtung zum Ausdruck. Denn siebzig Jahre nach ihrer Gründung ist sie weit mehr als eine Sprachenschule, an der heute Arabisch, Chinesisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch und Türkisch bis zur absoluten Perfektion erlernt werden. Die Einrichtung versteht sich viel mehr als Ort der interkulturellen Bildung. Etwa 1.700 Studierende – davon ein Drittel aus dem Ausland – befassen sich zum Beispiel auch mit Sprachentwicklung, zwischenmenschlichen Beziehungen und dem jeweiligen kulturellen Kontext, in dem das professionelle Dolmetschen und Übersetzen stattfindet. Damit passt die Einrichtung perfekt in eine weltoffene und tolerante Region wie Rhein-Neckar, wo heute Menschen aus mehr als 170 Nationen friedlich zusammenleben.