Pfälzer Meeresbrise

Seeluft in der Pfalz – wie die neue Saline Bad Dürkheim verändert hat.

Das Feuer schlägt unerwartet zu im Frühjahr 2007. Die Sirenen heulen am frühen Morgen durch Bad Dürkheim, ein roter Lichtschein flackert gespenstisch über die Weinberge. Die Saline, der Gradierbau am Wurstmarktgelände steht in Flammen. 330 Meter Reisig brennen lichterloh. Von dem Bauwerk, das schon 15 Jahre zuvor teilweise niedergebrannt war und mühsam wieder aufgebaut wurde, stehen am Ende nur noch die Sandsteinpfeiler.  „Es war unfassbar, das ganze Bauwerk ein Opfer der Flammen“, erinnert sich Bauamtsleiter Dieter Petry an den Morgen danach, als er zum Tatort gerufen wurde. Brandstiftung – die Täter wandern in den Knast. Das Reisig brannte wie Zunder und wirkte wie ein Brandbeschleuniger. Der letzte von einst sechs Gradierbauten, mit denen Bad Dürkheim seit 1847 seinen Ruf als Salz- und später als Salzluft-Produzent begründete, war über Nacht aus dem Stadtbild verschwunden.

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Der Wiederaufbau stand für den Bad Dürkheimer Stadtrat und den damaligen Bürgermeister Wolfgang Lutz schnell fest. Die Stadt übernahm die ehrgeizige Aufgabe, nachdem das Land Rheinland-Pfalz sich aus der Verantwortung zurückgezogen hatte. Und es entstand eine breite Bewegung in der Bürgerschaft. Der Förderverein, der sich schon bei der ersten Brandkatastrophe engagiert hatte, trieb das Projekt voran. Auch heute ist der Förderverein unter der Leitung von Petra Dick-Walther noch an erster Stelle mit dabei, wenn es gilt, die Saline in Schuss zu halten. Derzeit kümmert sich der Gradierbauverein darum, Geld für den Austausch der 160 steinernen Pfeiler an der Saline zu sammeln.

„Gradierbauten sind Unikate“, sagt Dieter Petry und erzählt von der Zeit, als die Saline wieder neu aufgebaut werden musste. „Im Mai 2009 ging‘s los. Das war damals ein echter Neubau. Eine ganz neue Technik musste her, um die Salzluft, wieder durch den Gradierbau wehen zu lassen.“ Die Berieselung mit Sole, durch die die Anreicherung der Luft mit mikroskopisch kleinen Solepartikeln erfolgt, funktioniert heute wieder originalgetreu wie im 18. Jahrhundert – mit Bierhähnen aus Holz.

Genau 158 LKW-Ladungen mit unzähligen Tonnen von Reisig im Wert von 2,4 Millionen Euro rollten damals zu Europas größter Holzbaustelle.

Heute präsentiert sich das Bauwerk mit Sonnenterrasse und Aussichtsplattform, zwei zehn Meter hohen und zwölf Meter breiten Portalen, die großzügige Durchblicke gewähren. Im Südturm befindet sich ein Café, auf dem Dach thront eine Photovoltaikanlage, die den Jahresstrombedarf von rund 70 Haushalten decken könnte.

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„Insgesamt hat das Bauwerk 5,6 Millionen Euro gekostet – und wir sind sogar unter den geplanten Kosten geblieben“, sagt Dieter Petry. Jeden Tag war er auf der Baustelle, entwickelte mit den Architekten und den Handwerkern immer wieder neue Methoden, damit das Salzwasser wieder geschmeidig über das Reisig läuft.

Seitdem muss kein Pfälzer mehr an die Nordsee – die Meeresbrise zum Riesling bekommt man jetzt auch in Bad Dürkheim. An der schicken neuen Salzluft-Tankstelle entlang flanieren und mit frischen Aerosolen die Atemwege durchpusten – das genießen heute rund 100.000 Besucher pro Jahr. Vor dem Brand waren es gerade mal 25.000.

Salinen dienten ursprünglich viele Jahre zur Gewinnung von Kochsalz.

Es gibt kaum etwas Besseres, um die Bronchien auf Vordermann zu bringen, sagen eingeschworene Salinenfans, die bei ihren Gradierbau-Visiten meist auch einen Zwischenstopp an der Isenach einlegen.  Der Bach aus dem Herzen des Pfälzerwalds, der sein Schattendasein lange in Abwasserrohren unterhalb der Stadt fristete, ist seit einigen Jahren an vielen Stellen wieder freigelegt worden. Ein Riesenprojekt, das vom Gemeinderat mit großem Engagement vorangetrieben und mit hoher Bürgerbeteiligung umgesetzt wurde. Unter dem Motto „Wir machen mit“ beteiligten sich rund 20 Organisationen und mehrere hundert Einzelpersonen an dem Projekt.  „Wir haben das Gewässer auf 1,5 Kilometern freigelegt, es fließt durch den Kurpark und hat ihm eine ganz neue Qualität gegeben“, sagt der Bauingenieur Steffen Wietschorke, der das Projekt im Bauamt betreut.

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Die Isenach schlängelt sich heute wieder entlang des Gradierbaus und bringt ein wunderbares Stück Natur zurück in die Stadt. 8,6 Millionen Euro hat das Projekt bis jetzt gekostet. Die Investition hat sich gelohnt, denn die Offenlegung der Isenach hat sowohl praktische, als auch optische Vorteile. Einerseits werden durch die Entlastung und die Vergrößerung die Belange des Hochwasserschutzes berücksichtigt, gleichzeitig wird durch die naturnahe Gestaltung des Gewässers eine ökologische wie auch gestalterische Aufwertung erreicht. Mit der Saline ist so ein wundervolles Ensemble mit insgesamt 13 Brücken, einem Wasserspielplatz und einem Wasserrad entstanden.  Und es wird von den Menschen angenommen. Besucher flanieren am Flüsschen entlang, führen Hunde spazieren und joggen, Kinder spielen am Wasser, Schulklassen machen Ausflüge hierher.

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Mit dem Engagement der Bürger und des Gemeinderates wurde ein touristisches Highlight geschaffen. – und kein Zweifel: heute fühlt sich Bad Dürkheim für Kurgäste und Besucher aus der Region und ganz Deutschland noch lebendiger, vitaler und gesünder an – aber auch für die Dürkheimer, die ihre Stadt neu entdeckt haben. An einem Platz mit frischer Meeresbrise – mitten in den Weinbergen.


Gradierbau Bad Dürkheim

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