Vor über 100 Jahren wurde in Frankreich Pétanque populär – die anspruchsvolle Form des Boule-Spiels. Vor rund 30 Jahren wurden im südpfälzischen Landau erste Pétanque-Vereine gegründet und heute wird in der ganzen Pfalz gespielt: in Worms, in Grünstadt oder auch in Ludwigshafen, wo der Künstler Jürgen Hatzenbühler aus Limburgerhof als Sportdirektor des deutschen Pétanqueverbandes so manche Kugel ins Rollen bringt. 

Nein, es ist kein Zufall, dass Pétanque sich in der Pfalz geradezu virulent ausbreitet. Schon Anfang der 1990er Jahre wurden in der ehemaligen Garnisonsstadt Landau erste Vereine gegründet. Das französische Zielkugelspiel bahnte sich damals über Deutsch-Französische Gesellschaften und die dort stationierten französischen Soldaten den Weg in die Pfalz und dann in den Rest der Republik. Heute zählt Pétanque zu den wenigen Sportarten in Deutschland, die jedes Jahr eine steigende Zahl von Vereinsmitgliedern vermelden können. In der ganzen Pfalz – von der Vorderpfalz bis zur französischen Grenze wird der Sport heute mit größter Leidenschaft betrieben – in rund 30 Clubs.

Die steigende Popularität hat unterschiedliche Ursachen. Das Spiel steht für ein gepflegtes „Savoir vivre“ – und zum anderen können wie in Frankreich immer mehr Plätze entstehen, da die Schotterflächen günstig und wartungsarm sind. Der Bau wird im Sinne des Kulturaustauschs von Seiten der EU gefördert, denn Pétanque ist ein echter Jedermann-Sport, der das generationenübergreifende Miteinander stärkt. Erzählungen nach wurde die Kugel ursprünglich aus dem Lauf heraus gespielt. Da alte und schwache Mitspieler damit Probleme hatten, wurde die Regel geändert. Von nun an wurde nur noch aus dem Stand geworfen. Eine plausible Theorie, denn Pétanque heißt im Provenzalischen soviel wie „mit geschlossenen Füßen“.

Heute ist das Spiel bei Menschen beliebt, die nicht unbedingt in die Kategorie der Hochleistungssportler fallen und sich dennoch an der frischen Luft körperlich aktiv betätigen wollen. „Bei uns in Oppau waren es Handballsenioren, die die Abteilung gegründet haben. Denen ist ihr Sport im Alter zunehmend anstrengend geworden. Weil sie aber ein tolles Team sind und das auch bleiben wollten, sind sie damals auf Pétanque umgestiegen“ erklärt Jürgen Hatzenbühler.

Jürgen Hatzenbühler: Sportdirektor des deutschen Petanque-Verbandes DPV

Das Clubhaus des VFSK 1900 Oppau in Ludwigshafen besitzt den Charme einer Tatort-Kulisse und man würde sich kaum wundern, Kommissarin Lena Odenthal und Mario Kopper hier beim Training anzutreffen. Beim „Verein für Sport und Körperpflege“ geht es aber nicht nur um Gymnastik, sondern auch um Pétanque.

Eine Melange aus dumpfem Knallen, metallischem Klirren und ausgelassenem Stimmengewirr ertönt von der Hinterseite des Vereinshauses. Hier, von der Straße kaum einsehbar, liegt der heilige Schotterplatz der Oppauer Pétanque-Szene. „Mittwochs und freitags treffen sich hier rund vierzig Leute zum Training“ erklärt Jürgen Hatzenbühler.

Bei uns ist jeder willkommen, egal ob Mann oder Frau, Grundschüler oder Rentner, Akademiker oder Arbeiter – und wir alle teilen die gleiche Leidenschaft.

Jürgen Hatzenbühler

Der Gruppenleiter strahlt, wenn er über den Teamgeist unter seinen Vereinskollegen spricht. Und tatsächlich: die Gruppe, die sich hier versammelt ist ein ausgesprochen bunt gemischter, bestens gelaunter Haufen. Altersunterschiede spielen keine Rolle, alle lieben und leben den Pétanque-Sport.

„Boule verhält sich zu Pétanque wie Federball zu Badminton“, verrät Jürgen Hatzenbühler, „gewissermaßen ist es der gleiche Sport, aber genau betrachtet gibt es doch Unterschiede. Boule spielt man mal nebenher, Pétanque ist Passion und Präzisionssport, bei dem es klare Regeln gibt und es um Punkte geht.“ Das Grundreglement ist schnell erklärt: Zuerst wird das „Cochonnet“, das „Schweinchen“ geworfen – eine kleine, hölzerne Zielkugel. Dann versuchen zwei Mannschaften ihre glänzenden Metallkugeln möglichst nah am Schweinchen zu platzieren. Geworfen wird aus dem Stand und gewonnen hat, wer als erstes 13 Punkte erreicht. Gezählt werden nur die Gewinnerkugeln, die näher am Schweinchen liegen. Im Extremfall kann eine Partie schon mal zwei bis drei Stunden dauern. „Für uns ist das kein Problem, denn wir haben hier ausreichend Zeit und Flutlicht, sodass wir bis tief in die Nacht weiterspielen können“, berichtet Jürgen Hatzenbühler.

Der Kunst-Fotograf lebt und arbeitet südlich von Ludwigshafen in der Vorderpfalz. In Limburgerhof betreibt er sein Atelier und engagiert sich gemeinsam mit seiner Frau Sabine Amelung hauptberuflich im Bereich der Kinder- und Erwachsenenbildung. „Ohne die Kunst hätte ich den Weg zum Pétanque-Sport nie gefunden. Der Mannheimer Künstler Rainer Negrelli, war es, der mich während meines Studiums an der Kunstakademie in die Welt der Tête-à-Têtes, der Doublettes und der Triplettes eingeführt hat. Ihm verdanke ich vieles im Bereich Kunst – und alles im Bereich Sport.“

Mittlerweile bringt Jürgen Hatzenbühler nicht nur in der Pfalz die Kugeln ins Rollen, auch bundesweit setzt er als nebenberuflicher Sportdirektor des deutschen Petanque-Verbandes DPV viel in Bewegung. Das Jahr, dem die Pétanque-Gemeinde entgegenfiebert, markiert für ihn und den Verband eine Zeitenwende: 2024 werden die Olympischen Spiele in Paris ausgetragen, der Hauptstadt der Wiege des Pétanque-Sports. Wenn die vielfältigen Bemühungen Früchte tragen, wird das Spiel dann zum ersten Mal in die Riege der olympischen Sportarten aufgenommen.

Die Chancen, dass sich deutsche Mannschaften für Paris qualifizieren, stehen mehr als gut. Zwar zählt der deutsche Verband lediglich 20.000 aktive Spieler, aber die können nach Jürgen Hatzenbühlers Überzeugung auch international mithalten. „Klar, Frankreich mit seinen mehr als 300.000 aktiven Spielern ist noch die absolute Nummer 1. Dort wurde der Sport in seiner heutigen Form ja erfunden.“

Ob ambitionierter Vereinsspieler im VFSK Oppau oder als Freizeit-Bouler im Ludwigshafener Ebertpark: die herzliche Willkommenskultur verbindet alle Pétanque-Spieler. Wer am Seitenrand steht und interessiert den Spielverlauf verfolgt, hat rasch drei Kugeln in der Hand und einen Haufen neuer Bekanntschaften geschlossen. Moderate Beiträge, niedrige Anschaffungskosten und der Teamgeist senken die Hemmschwelle für Neueinsteiger. Und wer heute anfängt zu trainieren, der kann mit etwas Schwein(chen) ein echter Olympionike werden. Noch sind es sechs Jahre bis Paris!


Pétanque-Verband Rheinland-Pfalz e.V.

www.vfsk-oppau.de

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